Artilel 27. Entstehungsgeschichte. 497
danken einer obrigkeitlichen Erlaubnis bedarf, bestand in Preußen wie
im übrigen Deutschland vor dem Jahre 1848 insofern nicht, als die
wichtigste und wertvollste Form der Meinungsäußerung, die durch das
Mittel der Presse, überall unter Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt
gestellt war. Das Preßrecht beruhte nicht auf dem Prinzip der Preß-
freiheit, sondern auf dem der Zensur, wonach, um mit dem Beschlusse
der deutschen Bundesversammlung vom 20. September 1819 zu reden,
„Schriften in keinem deutschen Bundesstaate ohne Vorwissen und vor-
gängige Genehmhaltung der Landesbehörden zum Druck befördert
werden“ durften. Dieser Bundesbeschluß (in Preußen publiziert durch
V. vom 18. Oktober 1819, GS# 224) verpflichtete die Bundesstaaten,
mindestens die periodischen Druckschriften und alle Bücher von weniger
als 20 Bogen Umfang dem Zensurzwang zu unterwerfen. Der König
von Preußen tat jedoch noch mehr als dieses Minimum und befahl
in der zitierten V. vom 18. Oktober 1819 — zunächst auf 5 Jahre,
nachher (KO vom 18. September 1824, GS 164) bis auf weiteres —:
„Alle in Unserem Lande herauszugebenden Bücher und Schriften sollen
der in den nachstehenden Artikeln verordneten Zensur zur Genehmigung
vorgelegt. und ohne deren schriftliche Erlaubnis weder gedruckt noch ver-
kauft werden.“ Die Vorschriften der V. vom 18. Oktober 1819 wurden
in der Folge noch mehrfach verschärft, dann aber (KO vom 4. Oktober
1842, 4. Februar 1843, V. vom 23. Februar 1843, vgl. das Nähere bei
vR3 2 253) in Einzelpunkten wesentlich gemildert.
Von allen den für die vormärzliche Zeit charakteristischen Einrichtungen
dem Volke und seinen gebildeten Klassen am meisten verhaßt, fiel die
Zensur dem Ansturm der Bewegung von 1848 schnell zum Opfer.
Die Bundesversammlung hob ihren Beschluß vom 20. September 1819
(s. oben) am 3. März 1848 auf und die deutschen Staaten machten von
der hierdurch hergestellten Freiheit ihrer Gesetzgebung den von der öffent-
lichen Meinung gebieterisch geforderten Gebrauch, indem sie die Zenfur
beseitigten. In Preußen geschah dies durch das Gesetz über die Presse
vom 17. März 1848 (GS 69), dessen erster Paragraph lautet: „Die
Zensur wird hiermit aufgehoben. Alle auf die Zensur bezüglichen
Bestimmungen, Anordnungen, Einrichtungen und Strafvorschriften treten.
außer Kraft.“ Damit war die Freiheit der Gedankenäußerung durch
die Presse festgestellt, und zwar nicht nur für „die Preußen“, sondern
für jedermann in Preußen.
Die Reg Vorl bestimmt im # 14:
„Die Presse ist frei: die Verfolgung und Bestrafung ihres
Mißbrauchs wird durch das Gesetz bestimmt.
Anschütz, Preuß. Verfassungs-Urkunde. I. Band. 32