Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

510 Artikel 27. Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit. 
zum RVG von Delius, 451, und Stier-Somlo, 141, OVG# im Pr VWl 
25 694), kann die Genehmigung unter der Bedingung erteilt werden, 
daß das Halten von Reden (überhaupt oder durch bestimmte Personen 
oder über bestimmte Gegenstände) oder das Zeigen gewisser Farben, 
Symbole und dergleichen im Interesse der öffentlichen Sicherheit unter- 
bleibe. Unter der durch § 7 Abs. 2 RVG bezeichneten Voraussetzung, also 
wegen zu befürchtender Gefahr für die öffentliche Sicherheit kann auch 
das Halten von Reden bei „ungewöhnlichen“", den Versammlungen 
unter freiem Himmel gleichgestellten Leichenbegängnissen (RVG 8 9 
Abs. 2) durch die Polizei verboten und verhindert werden. Unzulässig 
aber wäre es wiederum, solche Reden und Demonstrationen durch 
Polizeiverordnung unbesehen und allgemein zu verbieten; unzulässig 
namentlich dann, wenn das Verbot nicht sicherheits-, sondern lediglich 
ordnungspolizeiliche Zwecke verfolgt, wie die oben 508 erwähnten, zum 
Schutze kirchlicher Interessen erlassenen Polizeiverordnungen betr. das 
Halten von Grabreden durch Nichtgeistliche. Derartige Verordnungen 
sind weder mit §1 noch mit §7 RV vereinbar, werden auch durch 
die Vorbehalte des § 24 daselbst nicht gedeckt; mit Recht hat das Ko# 
sie wegen Widerspruchs mit dem RVG für rechtsungültig erklärt: 
KG vom 4. Februar 1909, DJZ 14 496, KchJ37 C 48, auch mitgeteilt 
von Delius a. a. O. Nachträge, 25. Delius bezweifelt die Richtigkeit 
der Entscheidung, während Stier-Somlo a. a. O. 151 und Wolzen- 
dorff, Varch 18 433 ihr zustimmen und das K jenen Zweifeln gegen- 
über bei seiner Ansicht bleibt: K## vom 24. Mai 1909, Koa#d 38 C 37, 
22. September 1910, Selbstv. 37 646; vgl. ferner KG vom 1. November 
1909, KGJ 38 C 40 und DJ3 15 92 (eine Polizeiverordnung, welche das 
Tragen roter Schleifen an Grabkränzen verbietet, ist, soweit sie sich gegen 
Teilnehmer an Leichenbegängnissen richtet, durch das RVG aufgehoben). — 
Die oben 506, 507 f. besprochenen Sonderbeschränkungen der 
Beamten, Militärpersonen usw. betreffs der Preßfreiheit finden selbst- 
verständlich auch auf die anderen Betätigungsmöglichkeiten der Auße- 
rungsfreiheit, einschließlich des Auftretens in Versammlungen und Ver- 
einen (vgl. hierzu unten bei Art. 29, 30 S. 524, 525) Anwendung. 
Artikel 28. 
vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck oder bild- 
liche Darstellung begangen werden, sind nach den allgemeinen 
Strafgesetzen zu bestrafen. 
1. Entstehungsgeschichte. — Eine dem Art. 28 entsprechende Vor- 
schrift haben schon die Reg Vorl im & 14 Abs. 1 Satz 2 (oben 497, 498)
	        
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