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12 Artikel 28. Die Preßfreiheit und das Strafgesetz.
solcher Schriften und bildlichen Darstellungen, welche nicht Preßerzeug-
nisse im Sinne des Prc 52 (oben 504) sind.
Der Artikel verbietet dem Gesetzgeber (natürlich nur dem Landes-,
nicht dem Reichsgesetzgeber, welchem letzteren kein Landesgesetz irgend
etwas verbieten kann), eine Handlung lediglich deshalb, weil sie
durch das Mittel des Wortes usw. begangen ist, um der Wahl dieses
Mittels willen unter Strafe oder unter eine schärfere oder mildere
Strafe zu stellen als diejenige, welche verwirkt sein würde, wenn der
Täter zur Erreichung desselben Erfolges ein anderes Mittel gewählt
hätte. Der Umstand, daß zur Begehung eines Deliktes (in diesem
allgemeinen, nicht in dem speziellen, zu „Verbrechen“ und „Über-
tretung“ gegensätzlichen Sinne des vormaligen preußischen StrH
vom 14. April 1851 und des Reichsstrafgesetzbuchs ist das Wort
„Vergehen“ im Art. 28 zu verstehen) der Weg des Wortes, der
Schrift oder der bildlichen Darstellung gewählt wird, soll für die Be-
handlung des betreffenden Tatbestandes durch die Strafgesetzgebung
weder ein privilegierendes noch ein qualifizierendes Moment abgeben
dürfen. Diesem Grundsatz zuwiderlaufende ältere Bestimmungen sind
durch den Artikel aufgehoben.
Der Artikel gebietet weiterhin dem Richter, bei Beurteilung von
Delikten der hier in Rede stehenden Art nach den „allgemeinen“,
d. h. nach denjenigen Strasgesetzen zu erkennen, welche auf die be-
treffende Außerung nach ihrem Inhalt und der zugrundeliegenden Ab-
sicht, ohne Rücksicht auf die Wahl des Ausdrucksmittels (Wort, Schrift,
Druck, bildliche Darstellung) Anwendung finden, und insbesondere die
Entscheidung über Täterschaft und Teilnahme, Versuch, Strafaus-
schließungs= und milderungsgründe usw. dem allgemeinen Teil des (je-
weils geltenden) Strafgesetzbuchs zu entnehmen (wobei aber die Sonder-
vorschriften des PrG, 98 20 ff., über die Verantwortlichkeit für Preß-
delikte zu beachten sind). Auch die Strafzumessung ersolgt nach all-
gemeinen Grundsätzen, nach der aus dem Inbegriff aller obwaltenden
Umstände zu ermittelnden Schwere des Falles Die Tatsache, daß
eine Beleidigung durch die Presse begangen ist, darf an sich, von
vornherein weder strasschärfend noch mildernd in Betracht kommen,
wohl aber kann sie im einzelnen Falle so oder so wirken. Art. 28
sagt nicht, daß der Richter ein durch Schrift, Druck usw. begangenes
Delikt immer nur so zu bestrafen habe, als es zu bestrafen sein würde,
wenn das gewählte Mittel ein anderes gewesen wäre (val. die oben
511 wiedergegebenen Ausführungen der RevKmm der II. K., ferner
Marquardsen, Komm. zum Pr 168).