Artikel 29, 30. Entstehungsgeschichte. 513
Art. 28 disponiert nur über die Behandlung der durch Wort,
Schrift usw. begangenen Handlungen durch die Strafgesetzgebung und
Strafgerichtsbarkeit. Die Frage, ob und welche anderen, außerstraf-
rechtlichen, Folgen der Gebrauch bzw. Mißbrauch des Wortes usw. nach
sich ziehen kann, läßt er unberührt. Unberührt bleibt infolgedessen
insbesondere — wie von dem vorigen Artikel (oben 506, 507, 510) —
so auch von diesem das für Beamte und Militärpersonen geltende
Disziplinarrecht. In Ermangelung besonderer Bestimmungen ist die
Entscheidung darüber, ob eine von einem Beamten oder Soldaten
getane mündliche, schriftliche oder sonstwie betätigte Außerung disziplina-
rische Ahndung verdient, nach den allgemeinen Disziplinargesetzen, also
danach zu treffen, ob die Außerung nach Inhalt, Form und Absicht eine
Verletzung der dem Urheber obliegenden Dienstpflichten in sich schließt
Artikel 20.
Alle Hreußen sind berechtigt, sich ohne vorgängige obrigkeitliche Er-
laubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln.
Diese Zestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter freiem
Himmel, welche auch in Bezug auf vorgängige obrigkeitliche Erlaubnis der
Derfügung des Gesetzes unterworfen sind.
Artikel 30.
Alle Hreußen haben das Recht, sich zu solchen Swecken, welche den
Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen.
Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden Artikel (20)
gewährleisteten Rechts.
Politische Dereine können Beschränkungen und vorübergebenden Der-
boten im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.
Das RVG vom 19. April 1908 bestimmt im § 1 Abs. 1 Satz 1:
Alle Reichsangehörigen haben das Recht, zu Swecken,
die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Dereine zu bilden,
und sich zu versammeln.
1. Entstehungsgeschichte der Art. 29 und 30. Die Ausführung
der beiden Artikel durch das Pr### (die B. über die VBerhütung
eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs
des Versammlungs= umd Vereinigungsrechts vom 11. März 1850).—
Wie die Freiheit der Rede und Presse (s. oben 497), so ist auch die
Anschütz, Preuß. Verfassungs- Urkunde. I. Band. 33