Artikel 29, 30. Entstehungsgeschichte. 515
dieselbe wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung
und Sicherheit verbieten kann.
Art. 14. Alle Preußen sind berechtigt usw., gleichlautend mit
Reg Vorl 16.
Oktr V Art. 27 und 28:
Art. 27. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vorgängige
obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen
Räumen zu versammeln.
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter
freiem Himmel, welche in allen Beziehungen der Verfügung
des Gesetzes unterworfen sind. Bis zum Erlaß eines solchen
Gesetzes ist von Versammlungen unter freiem Himmel 24 Stunden
vorher der Orts-Polizeibehörde Anzeige zu machen, welche die
Versammlung zu verbieten hat, wenn sie dieselbe für die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung gefährlich erachtet.
Art. 28. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen
Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesell-
schaften zu vereinigen.
Das im Art. 27 vorbehaltene Gesetz erging zunächst als gesetzver-
tretend (Not-) Verordnung auf Grund des Art. 105 oktrV: V. vom
29. Juni 1819, GS 221, welche u. a. (§ 10) die bis dahin nur anzeige-
pflichtigen Versammlungen unter freiem Himmel von der vorgängigen
Genehmigung der Ortspolizeibehörde abhängig macht. Z
Bei der Revision des Art. 27 wurde dessen Abs. 2 Satz 2 als durch
die V. vom 29. Juni 1849 erledigt gestrichen (I. K. 757, 759, II. K.
632, 650). Im übrigen nahm die I. K. den Art. 27 unverändert an,
womit die Staatsregierung (Justizminister Simons I. K. 770) einver-
standen war, in der Voraussetzung, daß der Satz „welche in allen
Beziehungen“ usw. sich auch auf Versammlungen in geschlossenen Räumen
beziehe, mit der Einschränkung, daß die Gesetzgebung solche Versamm-
lungen nicht unter Erlaubnisvorbehalt stellen dürfe. Von derselben
Voraussetzung ging auch die II. K. aus, welche daraufhin, dem Bericht
ihrer Kommission (II. K. 631, 632) folgend, die Worte „in allen Be-
ziehungen“ durch „auch in bezug auf vorgängige obrigkeitliche Erlaubnis“
ersetzte (d. a. O. 650). Die I. K. (1279) schloß sich diesem Amendement
an und drückte damit gleichfalls aus, daß die Gesetzgebung auch in
bezug auf die Versammlungen im geschlossenen Raum freie Hand haben
und nur nicht befugt sein solle, für solche Versammlungen das Er-
fordernis der Genehmigung vorzuschreiben.
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