Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artilel 29, 30. Tas PrBG vom 11. März 1850. 517 
galten außer diesen noch folgende Bestimmungen: sie dursten keine 
Frauen, Schüler und Lehrlinge als Mitglieder aufnehmen und nicht 
mit Vereinen gleicher Art zu gemeinsamen Zwecken in Verbindung 
treten. Wegen Uberschreitung der ihnen gesetzten Schranken konnten 
politische Vereine (nur solche) durch strafgerichtliches Urteil aufgelöst 
werden; eine administrative Auflösung von Vereinen kannte das Pr G 
nicht. Das Pr V stellte eine erschöpfende Regelung seiner Materie, eine 
Kodifikation des Vereins- und Versammlungspolizeirechts dar: andere 
vereins- und versammlungspolizeiliche Maßregeln als diejenigen, welche es 
selbst vorschrieb oder zuließ, waren unzulässig, sie konnten insbesondere 
nicht auf die Generalklausel des & 10 II 17 ALR gestützt werden. 
Letztere war insoweit den Versammlungen und Vereinen gegenüber 
ausgeschaltet. Diese (dem Pr# analoge, vgl. oben 505) Exklusivwirkung 
des Pr V erstreckte sich indessen nur auf die Materie der Kodifikation, 
die Versammlungs= und Vereinspolizei, nicht darüber hinaus 
auf das Verhältnis der Vereine und Versammlungen zu solchen Funk- 
tionen der öffentlichen Gewalt, welche mit dem Vereins= und Ver- 
sammlungsrecht nichts zu tun haben. Nur die spezifisch vereins- und 
versammlungspolizeilichen Machtbefugnisse der Polizei waren im Pr VG 
kodifiziert, die allgemeinpolizeilichen dagegen unberührt geblieben. 
Diesen (von ihm und dem K in ständiger Rechtsprechung festgehaltenen) 
Satz paraphrasiert das OVG, 26 403, zutreffend dahin: „Die Polizei kann 
a) ihr Einschreiten gegen eine Personenmehrheit, falls es lediglich aus dem 
Grunde erfolgt, weil diese von ihrem Vereins- oder Versammlungs- 
rechte Gebrauch macht, nur auf das Vereinsgesetz stützen, während 
anderseits b) das aus andern gesetzlichen Vorschriften zulässige oder 
gebotene Einschreiten gegen eine Mehrheit von Personen nicht lediglich 
um deswillen rechtswidrig wird, weil diese ihr Vereins= oder Ver- 
sammlungsrecht ausüben.“ Auf Grund dieses Satzes war die Polizei 
berechtigt, Versammlungen außer aus den im Vereinsgesetz angegebenen 
Gründen auch aus allgemeinen sicherheitspolizeilichen (Uberfüllung, 
Einsturz= oder Feuergefährlichkeit des Versammlungsraums) und ord- 
nungs polizeilichen (ruhestörender Lärm, Eintritt der Polizeistunde, An- 
beraumung einer Versammlung auf die Zeit des Sonntagsgottesdienstes) 
Erwägungen aufzulösen, ja selbst im voraus zu verbieten (vgl. auch 
oben 207, 208). 
Die Stellung des Pr VW##zu den religiösen Assoziationen, ins- 
besondere die Frage, ob die religiösen Vereine zu einer der Kategorien von 
Vereinen gehören, welche das Pr VG besonderen Beschränkungen unter- 
wirft (Vereine, die auf öffentliche Angelegenheiten einwirken wollen,
	        
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