Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 31. Erwerb der Rechtsfähigkeit nach Landesrecht. 539 
eine Korporation (oder Anstalt) des öffentlichen Rechts. Daß das BGB 
einer solchen Erklärung nicht entgegensteht, folgt aus dem rein öffentlich- 
rechtlichen Charakter der Materie (also aus EB##B Art. 55), ergibt sich 
e contrario aus BGB §F5. 89 und ist auch in den Materialien des BGW 
ausdrücklich anerkannt. So sagen die Motive zum ersten Entwurf, 1 86: 
„Der Erwerb der Persönlichkeit seitens derjenigen Verbände, welche in die 
bestehenden Staats- und Kirchenverfassungen organisch eingefügt sind oder 
sonst mit öffentlichen Einrichtungen zusammenhängen, muß, soweit nicht 
Reichsgesetze eingreifen, der Bestimmung durch die Landesgesetze unter- 
stellt bleiben". Vgl. ferner Protokolle der zweiten Kommission S. 999: 
„Uber die Entstehung und Endigung der Körperschaften, welche zweifellos 
dem öffentlichen Recht angehören, hat das BG, seinem privatrecht- 
lichen Charakter entsprechend, keine Bestimmung zu treffen“. 
Fraglich erscheint nur, ob jede durch das Landesgesetz oder auf 
Grund desselben geschaffene öffentlichrechtliche Person ohne weiteres 
auch als Person des Privatrechts zu gelten hat (so: Endemann, Lehrbuch 
des bürgerlichen Rechts 1 219, Oertmann, Komm. zum BG, zu §89 
N. 2), oder ob zu der Kreation des publizistischen Rechtssubjekts noch ein 
besonderer staatlicher Willensakt hinzutreten muß, welcher diesem Subjekt 
auch die privatrechtliche Persönlichkeit zuerkennt, — m. a. W. ob die 
private Rechtsfähigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts 
von dem Landesgesetz besonders gewollt sein muß. Die Frage ist im 
letteren Sinne zu entscheiden. Richtig Matthiaß, Lehrbuch des bürger- 
lichen Rechts (5. A.) 68: „Die Entstehung und Verfassung der 
öffentlichen juristischen Personen .. bestimmen sich nach dem öffent- 
lichen Recht .. Aus dem Landesrecht ist daher vorwiegend zu ent- 
nehmen, ob sie juristische Persönlichkeit auf dem Privatrechtsgebiete 
besitzen.“ In gleichem Sinne ist auch die oben wiedergegebene 
Stelle der Motive zum ersten Entwurf des B# zu verstehen: die 
juristische Person des öffentlichen Rechts ist nicht von selbst auch 
juristische Person des Privatrechts, sie ist es aber, wenn das Landes- 
gesetz es bestimmt. 
Das Landesgesetz braucht also nur zu wollen, daß das von ihm 
geschaffene Subjekt (Korporation, Anstalt) des öffentlichen Rechts Privat- 
rechtssubiekt sein soll, so ist es Privatrechtssubjekt so wohl auch Staudinger, 
Komm., zu BGB F 89 N. 2 a. E. „daß das bürgerliche Recht . an- 
zuerkennen habe"). Es ist Auslegungsfrage, ob es das gewollt hat, 
eine Frage, die aber im Zweifelsfalle zu bejahen ist. So sind beispiels- 
weise Bestimmungen wie Le)O vom 3. Juli 1891, § 5 („Landgemeinden 
sind öffentliche Körperschaften"), Zweckverbandsgesetz vom 19. Juli 1911,
	        
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