Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 33. Das Brief= und Telegraphengeheimnis. 553 
Scholz das., 2. Aufl., 1 529; aM Loewe, Komm. zur Str PO, N. 1 
zu § 99 landers die Hellwegsche Neubearbeitung des Loeweschen 
Komm.], vR 2 51 N. 4 landers vRg 2 168 N. 3), Schwartz 113, 114) 
für alle Arten von Postsendungen, verschlossene und unverschlossene; 
aus ihr folgt z. B., daß die Postbehörden auch darüber, ob und welche 
Zeitungen jemand bei ihr bestellt hat, keine Auskunft geben dürfen. 
Das Geheimnis ist gegen jedermann, nicht nur Privatpersonen, sondern 
auch, vorbehaltlich der durch Reichsgesetz statuierten Ausnahmen (s. unten 
554 ff.), den Behörden gegenüber zu bewahren; es schließt nicht nur direkte 
Mitteilungen aus, sondern auch die Gewährung der Möglichkeit oder 
Gelegenheit zur Selbstbeschaffung verbotener Informationen über Post- 
sendungen. 
Enger begrenzt als das Gebot der Verschwiegenheit Dritten 
gegenüber ist das andere, wonach die Post auch selbst sich der Kennt- 
nisnahme der ihr anvertrauten Sendungen zu enthalten habe. Die 
Post ist zu dieser Kenntnisnahme nicht sowohl berechtigt als vielmehr 
verpflichtet, soweit es der Beförderungszweck oder die Beförderungsart 
oder die technischen Einrichtungen des Betriebes bedingen bzw. mit 
sich bringen. So dürfen und müssen die Postbeamten sämtliche Adressen, 
bei Postanweisungen den angegebenen Geldbetrag, bei Telegrammen 
den gesamten Inhalt lesen; sie können es unter Umständen nicht ver- 
meiden, Ferngespräche mit anzuhören, sie sind nach den besonderen 
Vorschriften über unbestellbare Sendungen sogar, zum Zwecke der Er- 
mittelung des Absenders, zur Offnung von Briefen und Paketen befugt 
(haben sich hierbei aber auf die Feststellung des Absenders zu be- 
schränken und jede weitere Durchsicht zu unterlassen; Postordnung vom 
20. März 1900 [RZBl 53), F 46). 
Das Wesen des Post- und Telegraphengeheimnisses zeigt eine 
eigenartige Verbindung von Pflichten der Postverwaltung und Rechten 
der beteiligten Privatpersonen. Alle diese Pflichten und Rechte sind 
öffentlichrechtlicher Natur die Rechte subjektive öffentliche von der 
negativen Art: Ansprüche auf Unterlassung von Eingriffen in die indi- 
viduelle Freiheitssphäre, wie die übrigen Grundrechte (oben 99ff.). 
Die Meinung, daß das Post= und Telegraphengeheimnis nichts 
anderes sei als ein Ausfluß oder eine Abart des staatsdienstrechtlichen 
Amtsgeheimnisses (Loewe, Komm,. zur Str P a. a. O., vRz 2 168 
N. 3), ist nicht zutreffend. Das Post-- und Telegraphengeheimnis bedeutet 
mehr und etwas anderes als das Amtsgeheimnis, es ist von dem letzteren 
mehrfach verschieden. Nämlich: 1. Die zur Wahrung des Post= und 
Telegraphengeheimnisses Verpflichteten haben die unter seinem Schutze
	        
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