Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

556 Artikel 34. Entstehungsgeschichte. 
geordnete Disziplinargewalt (vel. die von Freudenthal in der Zeitschrift 
für die gesamte Strafrechtswissenschaft 32 225 besprochenen Vorschriften 
der Dienstordnungen für die preußischen Strafanstalten), erscheint zweifel- 
haft; gewichtige Bedenken dagegen bei Freudenthal a. a. O., der nur 
insofern irrt, als er in der durch den Anstaltsvorsteher geübten Aufsicht 
über den brieflichen Verkehr der Gefangenen einen Eingriff in das durch 
Art. 33 garantierte Briefgeheimnis erblicken will. Art. 33 schützt (s. oben) 
das Briefgeheimnis ja nur vor der Post selbst und vor solchen Indis- 
kretionen, welche die Post zuläßt. 
Artikel 54. 
Alle Hreußen sind wehrpflichtig. Den Umfang und die Art dieser 
Pflicht bestimmt das Gesetz. 
NV Art. 57: 
Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Aus- 
übung dieser Hflicht nicht vertreten lassen. 
1. Entstehungsgeschichte. — Der durch Art. 34 ausgesprochene 
Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht war für das Preußen von 1848 
nichts Neues. Er galt damals schon seit einem Menschenalter. 
Das preußische Heer, seit der Zeit des Großen Kurfürsten ein 
stehendes, war bis in das 18. Jahrhundert hinein, wie in den anderen 
europäischen Staaten, ein Söldnerheer, dessen Mannschaften ausschließlich 
aus Angeworbenen, also aus solchen bestanden, die ihren Dienst taten 
auf Grund privatrechtlichen Vertrages. Neben diese bis dahin allein 
herrschende Rechtsform des Heeresdienstes haben dann die Kanton- 
reglements Friedrich Wilhelms I. von 1733 und 1735 die andere Rechts- 
form der gesetzlichen Untertanenpflicht gestellt, derart, daß jedem Regi- 
mente ein bestimmter Rekrutierungsbezirk, „Kanton", zugewiesen wurde, 
aus dem es seinen Ersatz durch Aushebung zu entnehmen hatte. Der Aus- 
hebung unterworfen, also dienstpflichtig, waren innerhalb eines gewissen 
Lebensalters alle männlichen Einwohner des Kantons, welche nicht zu 
den durch die Reglements von der Dienstpflicht ausgenommenen (ziemlich 
zahlreichen) Klassen und Kategorien gehörten. Dieses auf einer Ber- 
bindung von Werbe- und Aushebungssystem beruhende Heeresdienstrecht 
des alten Staatswesens wurde zur Zeit der Befreiungskriege, zunächst 
durch provisorische Verordnungen des Jahres 1813 und sodann end- 
gültig durch das Gesetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom
	        
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