Artikel 34. Entstehungsgeschichte. 557
3. September 1814 (SG 79) völlig umgestaltet: das Werbesystem wurde
vollständig abgeschafft, das Kantonssystem aber durch Aufhebung der
Kantons und der Exemtionen von der Dienstpflicht zur allgemeinen
und gleichen Wehrpflicht aller Staatsbürger erweitert. Das Gesetz vom
3. September 1814 bestimmt, unter Aufhebung aller „bisher über die
Ergänzung der Armee bestandenen älteren Gesetze“ in Nr. 1: „Jeder Ein-
geborene, sobald er das zwanzigste Jahr vollendet hat, ist zur Verteidigung
des Vaterlandes verpflichtet.“ Es teilt die bewaffnete Macht ein in
das stehende Heer, die Landwehr ersten und zweiten Aufgebotes und
den Landsturm (Nr. 2). Die Dienstzeit im stehenden Heere be-
trug drei Jahre, nach deren Ablauf der Dienstpflichtige noch zwei
Jahre dem stehenden Heere als Ersatzreserwist, darauf, vom 26. bis
32. Jahre der Landwehr ersten, bis zum 39. Jahre der Landwehr
zweiten Aufgebots, und bis zum 50. Jahre dem Landsturm angehörte
(Nr. 5—13).
Die Reg Vorl schrieb im § 19 vor: „Alle Preußen sind wehr-
pflichtig. Den Umfang und die Art dieser Pflicht bestimmt das Gesetz.
Auf das Heer finden die in den 9§ 5, 6, 15 und 16 enthaltenen Be-
stimmungen insoweit Anwendung, als die militärischen Disziplinarvor-
schriften nicht entgegenstehen.“ Der KommEntw der Nater stellte
das Waffenrecht der Waffenpflicht voran, sein Art. 26 lautet: „Jeder
Preuße ist nach vollendetem 20. Jahre berechtigt, Waffen zu tragen.
Die Ausnahmefälle bestimmt das Gesetz. Jeder waffenberechtigte Preuße
ist dem Staate wehrpflichtig. Ausnahmen dürfen nur eintreten wegen
körperlicher Unfähigkeit oder aus Rücksichten des Gemeinwohls nach
Maßgabe des Gesetzes.“ Art. 32 der oktr B wiederholt wörtlich den
5*19 der Reg Vorl, nur sind im dritten Satze die dort allegierten
Paragraphen durch die entsprechenden Bestimmungen der oktr V, Art. 5,
6, 27, 28 (= Art. 5, 6, 29, 30 des geltendes Textes) ersetzt. Bei der
Revision wurden die beiden ersten Sätze des Art. 32 oktr V ohne Ande-
rung und Erörterung angenommen, der dritte dagegen, unter dem
Vorbehalt, aus ihm einen besonderen Artikel zu bilden, gestrichen
(I. K. 706, II. K. 633). In Ausführung dieses Vorbehaltes entstand
Art. 39.
Art. 34 ist durch Art. 57 der norddeutschen BV, an dessen Stelle
der oben 556 wiedergegebene Art. 57 RV getreten ist, ersetzt und auf-
gehoben.
2. Auslegung. — Das Gesetz, welches nach Art. 34 Umfang und
Art der allgemeinen Wehrpflicht bestimmen soll, war bis zum Eintritt
Preußens in den Norddeutschen Bund das oben erwähnte Gesetz vom