564 Artikel 36. Entstehungsgeschichte.
klar erkennbar: Art. 28 des Komm Entw der Nat Vers wendet sich gegen
die im altpreußischen Staat vielfach herrschende Vermischung der Zivil-
und Militärgewalt, jenes „soldatische Mitregiment in allen Polizei-
sachen“ (M. Lehmann, Freiherr vom Stein 2 31), welches, oft nicht nur
Mit-, sondern Alleinregiment, und nicht nur in Polizei-, sondern auch
in andern Verwaltungssachen die örtlichen Zivil-, namentlich die städti-
schen Kommunalbehörden in die Stellung von Untergebenen des Garnisons=
chefs herabgedrückt hatte. Dieses System, während des ganzen acht-
zehnten Jahrhunderts zu Recht bestehend (Anschütz im Verch 1 413),
ist in den ersten Jahrzehnten des neunzehnten zwar nicht formell auf-
gehoben, aber von der Praxis aufgegeben worden; gleichwohl war es
in der Erinnerung des Jahres 1848 noch lebendig genug, um einen
Verfassungsartikel, der es mißbilligt und beseitigt, als wünschenswert
erscheinen zu lassen.
Der Zussch der I. K. billigte die durch den Artikel bewirkte Ein-
schränkung der Militärgewalt, die „einerseits Willkürlichkeiten vorbeugen,
dann aber vorzugsweise das Militär gegen Vorwürfe dem Publikum
gegenüber sichern, ihm selbst eine festere, angemessene Stellung bei
etwaigen Konflikten der Behörden mit dem Volke geben solle“ (I. K.
717), — wollte sie jedoch nicht ausnahmslos, sondern nur mit dem
Vorbehalt gelten lassen, daß für die Festungen ein Gesetz Ausnahmen
feststellen könne. Er empfahl den Zusatz eines entsprechenden Satzes
zu Art. 34 oktr. Die I. K. beschloß demgemäß.
In der Revisionskommission der II. K. waren die Meinungen
geteilt. Die Mehrheit der Kommission wollte die Befugnis des Militärs,
unaufgefordert Polizei zu spielen, nicht nur in den Festungsstädten,
sondern ganz allgemein, freilich nicht willkürlich, sondern nur „in den
vom Gesetz bestimmten Fällen und Formen“ zulassen und beantragte
folgerichtig, nicht sowohl den die Festungen betreffenden Ausnahmesatz
der I. K., als die Regel, m. a. W. den Passus „.und auf Reguisition
der Zivilbehörden“, welcher „ein unbegründetes Mißtrauen gegen die
bewaffnete Macht und ihre Befehlshaber“ ausdrücke (II. K. 634), zu
streichen. Umgekehrt ging der Minderheit schon der Beschluß der I. K.
zu weit; sie war dafür, den Art. 34 oktr V unverändert stehen zu lassen,
was um so unbedenklicher sei, als nicht eingeräumt werden könne, daß
dieser Artikel ein Einschreiten der bewaffneten Macht im Wege der
Selbstverteidigung und Notwehr auch von der Requisition der Zivil-
behörden abhängig mache (II. K. 634). Das Plenum der II. K. gab
hierauf dem Artikel die alsdann auch von den beiden andern Faktoren
angenommene, also Gesetz gewordene Fassung. Letztere hält zwischen