Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

566 Artikel 36. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwendung des 
über die Ausübung der gesetzlichen Befugnisse Dienstanweisungen an 
die ihnen untergeordneten Behörden bzw. Truppenteile zu erlassen). 
Der Vorbehalt des Gesetzes bedeutet und bewirkt zugleich (Art. 109) 
die Aufrechterhaltung der die Materie betreffenden vorkonstitutionellen 
Normen, welche sämtlich, einerlei, ob sie als „Gesetze“ oder anders 
bezeichnet sind, mit der Kraft formeller Gesetze in Geltung blieben 
(ogl. Justizminister Simons, I. K. 1281). Sie sind auch heute noch 
in Geltung, da das durch den Artikel in Aussicht gestellte Gesetz bisher 
nicht erlassen ist. Es sind folgende: 
I. Nach § 48 Ziff. 3 der V. wegen verbesserter Einrichtung der 
Provinzial-Polizei= und Finanz--Behörden vom 26. Dezember 1808 (neu 
publiziert als Beilage zur Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1817, 
GG 1817, 282) können die Bezirksregierungen „bei hartnäckigem Ungehor- 
fam oder wirklicher Widersetzlichkeit nach fruchtlos gebliebener Zivilexeku- 
tion“, also als ultima ratio, wenn die ihnen verliehenen administrativen 
Zwangsmittel versagen, zur Durchsetzung ihre Anordnungen „militärische 
Exekution“ eintreten lassen. Das gleiche Recht haben sie nach der Ge- 
schäftsanweisung für die Regierungen vom 31. Dezember 1825, Abschn. II. 
litt. A (bei von Kamptz, Annalen 9 822), „falls zur Handhabung 
dringender polizeilicher Maßregeln die Verwendung von Militär er- 
forderlich ist". In beiden Fällen ist die Requisition der bewaffneten 
Macht durch den Oberpräsidenten an das Generalkommando des be- 
treffenden Armeekorps zu richten; nur bei Gefahr im Verzuge können 
die „Bezirksregierungen als Landespolizeibehörden“ (d. h. ihre 
vormaligen Abteilungen des Innern, jetzt also, gemäß LVG F 18, die 
Regierungspräsidenten) einzelne Truppenteile (bei gleichzeitiger Anzeige 
an den Oberpräsidenten) direkt und selbst requirieren (s. die zit. Geschäfts- 
anweisung a. a. O.). Diese Bestimmungen sind durch die Neuregelung 
der Verwaltungsexekution durch § 132ff. LVG nicht berührt worden 
(ugl. Anschütz im Varch 1 470). Den dort den Regierungspräsidenten, 
Landräten, Ortspolizei-- und Gemeindebehörden verliehenen Zwangs- 
mitteln (Ersatzvornahme, Exekutivstrafe, unmittelbarer Zwang) gegenüber 
ist die militärische Exekution nach wie vor höchst subsidiär. 
II. Abweichend von den vorstehend unter I wiedergegebenen Vor- 
schriften, wonach die Requisition der bewaffneten Macht nur von den 
höheren Verwaltungsbehörden, in der Regel vom Oberpräsidenten, 
ausgehen kann, ermächkigt die V. vom 17. August 1835 (GS 1270) die 
Ortspolizeibehörden, bei öffentlichen Aufläufen und Tumulten die 
Hilfe des Militärs in Anspruch zu nehmen, um die Störung zu ver- 
hindern oder zu unterdrücken.
	        
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