Artikel 38. Versammlungsrecht der Militärpersonen. 579
30 (522, 524 f.) dargelegt — nur die polizeilichen Beschränkungen der
Vereins= und Versammlungsfreiheit regelt, die hier erörterte Beschränkung
aber nicht dem Polizeirecht, sondern dem Recht des öffentlichen Dienstes
angehört; zweitens deshalb nicht, weil Art. 38 als integrierender Bestand-
teil der preußischen Militärgesetzgebung durch Art. 61 RV zum Reichs-
gesetz erhoben (oben 565, 570, 574) und daher, als eine „sreichsgesetz-
liche Vorschrift über Vereine und Versammlungen“ gemäß RVG 5 23
Abs. 2 in Kraft geblieben ist.
Der erste Satz verbietet den Angehörigen der „bewaffneten Macht“
grundsätzlich jedes Beratschlagen und Sichversammeln in und außer
Dienst. Doch ist dieses, formell unbeschränkte, Verbot kein unbedingtes,
denn ihm ist ein Erlaubnisvorbehalt beigegeben: der „Befehl“ — oder
die ihm gleichstehende, auf Ansuchen erteilte Erlaubnis — des Vorgesetzten
kann die an sich unzulässige Beratschlagung oder Versammlung zulässig
machen. Welcher Personenkreis unter „bewaffneter Macht“ zu ver-
stehen, folgt aus dem Wortlaut und aus dem Zusammenhang mit dem
zweiten Satz. Die Worte „weder in noch außer dem Dienste“ zeigen,
daß die Vorschrift solche treffen will, die im aktuellen militärischen
Dienstverhältnis stehen, m. a. W. nur die Militärpersonen des aktiven
Dienststandes, das „aktive Heer“ (RMilG § 38). Das gleiche er-
gibt sich aus dem Zusammenhalt mit dem zweiten Satze. Wenn es
dort heißt: „Versammlungen und Vereine der Landwehr zur Beratung
militärischer Einrichtungen, Befehle und Anordnungen sind auch dann,
wenn dieselbe nicht zusammenberufen ist, untersagt“, so folgt, daß
Versammlungen und Vereine der „nicht zusammenberufenen“ Landwehr
zur Beratung nichtmilitärischer Angelegenheiten nicht verboten, sondern
erlaubt sind (vgl. hierzu Abg. Walter, I. K. 749). Mithin wird die
Landwehr von dem unbeschränkten Assoziationsverbot des ersten Satzes
nicht erfaßt soweit und solange sie „nicht zusammenberufen ist“, d. h.
soweit und solange ihre Offiziere und Mannschaften nicht dem aktiven
Heere, sondern dem Beurlaubtenstande, MilG FN 56, angehören.
Der von dem Gesetzgeber beabsichtigte Gegensatz zwischen den beiden
Sätzen des Artikels würde klarer hervortreten, wenn es im zweiten Satz
nicht „der Landwehr“, sondern „des Beurlaubtenstandes“ hieße, denn offen-
sichtlich kann das, was hier den nicht zum Dienst einberusenen Land-
wehrmännern verboten ist, den übrigen Kategorien des Beurlaubten-
standes (der Reserve, den vorläufig in die Heimat beurlaubten Rekruten
und Freiwilligen, den zur Disposition der Ersatzbehörden entlassenen Mann-
schaften usw., vgl. NMilG# § 56) nicht erlaubt sein. Die hierin liegende
Lücke des Art. 38 Satz 2 ist durch RMil StreB § 113 (s. unten) ausgefüllt.
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