Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

580 Artikel 38. Strafbarkeit von Zuwiderhandlungen gegen den Artikel. 
Die nach Art. 38 verbotswidrige, also ohne Befehl oder Erlaubnis 
des Vorgesetzten veranstaltete Beratschlagung bzw. Versammlung kann 
niemals Befugnisse der Polizeibehörden gegenüber der Versammlung 
(Auflösung) begründen (es gilt hier analog das oben 507, 525 Gesagte), 
sondern nur militärische Bestrafung der Schuldigen nach sich ziehen. 
Die Strafen sind kriminelle, soweit der einschlägigen Vorschrift des 
RMil StrGB, 5 101: 
„Wer unbefugt eine Versammlung von Personen des Soldaten- 
standes behufs Beratung über militärische Angelegenheiten oder 
Einrichtungen veranstaltet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 
3 Jahren bestrast; zugleich kann auf Dienstentlassung erkannt 
werden. Die an einer solchen Versammlung . . Beteiligten 
werden mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten bestraft —“ 
zuwidergehandelt ist. Im übrigen tritt je nach Art und Lage des 
Falles (d. h. sofern durch die betreffende Beratschlagung oder Versammlung 
dienstliche Pflichten verletzt worden sind, was z. B. bei den von dem 
Abg. du Vignau loben 5781 angeführten harmlosen Zusammenkünften 
sicher nicht der Fall sein wird) disziplinarische Bestrafung nach Maß- 
gabe der darüber bestehenden Vorschriften (s. oben bei Art. 37) ein. 
Während Satz 1 des Artikels den Militärpersonen des aktiven Dienst- 
standes grundsätzlich jedes nicht befohlene bzw. ausdrücklich erlaubte Berat- 
schlagen und Sichversammeln verbietet, beschränkt sich das im übrigen 
gleichartige Verbot des zweiten Satzes auf solche Versammlungen, in 
denen „militärische Einrichtungen, Befehle und Anordnungen“ beraten 
werden sollen. Die Ubertretung dieses Verbots ist mit Strafe bedroht 
durch RMil StrGB F 113: 
„Eine Person des Beurlaubtenstandes wird, auch während sie 
sich nicht im Dienste befindet, nach den Vorschriften dieses Abschnitts 
bestraft, wenn sie dem § 101 zuwiderhandelt..“ 
Hervorzuheben ist, daß dieser § 113 den Art. 38 Satz 2 zwiefach 
erweitert. Er verbietet die versammlungsmäßige Beratung nicht nur von 
militärischen „Einrichtungen, Befehlen und Anordnungen", sondem über- 
haupt von militärischen Angelegenheiten oder Einrichtungen. 
Darin liegt eine Verallgemeinerung. Und er verbietet die Beratung 
militärischer Angelegenheiten und Einrichtungen nicht nur der „Landwehr, 
wenn dieselbe nicht zusammenberufen ist“, sondern auch allen andern Per- 
sonen des Beurlaubtenstandes (oben 579), „auch während sie sich nicht im 
Dienste befinden“, d. h. wenn sie nicht zum Dienste einberufen sind. 
Daß die s 101, 113 Mil trGB auch unter der Herrschaft des RBG 
weitergelten, folgt aus dessen § 23 Abs. 2 (oben 522).
	        
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