Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Zweiter Anhang. 627 
Art. 43. Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu. Er ernennt 
und entläßt die Minister. Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze und erläßt 
unverzüglich die zu deren Ausführung nötigen Verordnungen. 
Art. 44. Der König führt den Oberbefehl über das Heer. 
Art. 45. Er besetzt alle Stellen in demselben, so wie in den übrigen Zweigen 
des Staatsdienstes, insofern nicht das Gesetz ein Anderes verordnet. 
Art. 46. Der König hat das Recht, Krieg zu erklären, Frieden zu schließen 
und Verträge mit fremden Regierungen zu errichten. Handels-Verträge, so wie 
andere Verträge, durch welche dem Staate Lasten oder einzelnen Staatsbürgern 
Verpflichtungen auferlegt werden, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung 
der Kammern. 
Art. 47. Der König hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung. 
Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurteilten Ministers kann 
dieses Recht nur auf Antrag derjenigen Kammer ausgeübt werden, von welcher 
die Anklage ausgegangen ist. 
Er kann bereits eingeleitete Untersuchungen nur auf Grund eines besonderen 
Gesetzes niederschlagen. 
Art. 48. Dem Könige steht die Verleihung von Orden und anderen mit 
Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zu. 
Er übt das Münzrecht nach Maßgabe des Gesetzes. 
Art. 49. Der König beruft die Kammern und schließt ihre Sitzungen. Er 
kann sie entweder beide zugleich oder nur eine auflösen. Es müssen aber in einem 
solchen Falle innerhalb eines Zeitraums von 40 Tagen nach der Auflösung die 
Wähler und innerhalb eines Zeitraums von 60 Tagen nach der Auflösung die 
Kammern versammelt werden. 
Art. 50. Der König kann die Kammern vertagen. Ohne deren Zustim- 
mungen darf diese Vertagung die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und wäh- 
rend derselben Session nicht wiederholt werden. 
Art. 51. Die Krone ist, den Königlichen Hausgesetzen gemäß, erblich in dem 
Mannesstamme des Königlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der 
agnatischen Linealfolge. 
Art. 52. Der König wird mit Vollendung des 18ten Lebensjahres volljährig. 
Er leistet in Gegenwart der vereinigten Kammern das eidliche Gelöbnis, 
die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Uberein- 
stimmung mit derselben und den Gesetzen zu regieren. 
Art. 53. Ohne Einwilligung beider Kammern kann der König nicht zugleich 
Herrscher fremder Reiche sein. 
Art. 54. Im Fall der Minderjährigkeit des Königs vereinigen sich beide 
Kammern zu Einer Versammlung, um die Regentschaft und die Vormundschaft 
anzuordnen, insofern nicht schon durch ein besonderes Gesetz für Beides Vorsorge 
getroffen ist. 
Art. 55. Ist der König in der Unmöglichkeit, zu regieren, so beruft der Nächste 
zur Krone oder Derienigc, der nach den Hausgesetzen an dessen Stelle tritt, beide 
Kammern, um in Gemaäßbeit des Artikel 54 zu handeln. 
Art. 56. Die Regentschaft kann nur einer Person übertragen werden. 
Der Regent schwört bei Antretung der Regentschaft einen Eid, die Ver- 
sassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Übereinstimmung 
mit derselben und den Gesetzen zu regieren. 
Art. 57. Dem Kron-Fideikommiß--Fonds verbleibt die durch das Gesetz vom 
17. Januar 1820 auf die Einkünfte der Domänen und Forsten angewiesene Rente. 
Titel IV. Von den Ministern. 
Art. 58. Die Minister, so wie die zu ihrer Vertretung abgeordneten Staats- 
Beamten, haben Zuiritt zu jeder Kammer und müssen auf ihr Verlangen zu jeder 
Zeit gehört werden. 
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