70 Artikel 2. „Grenzen.“
Artikel 2.
Die Grenzen dieses Staatsgebiets können nur durch ein
Gesetz verändert werden.
1. Entstehungsgeschichte. — Der Artikel ist aus den Entwürfen
und der oktr V (vgl. Reg Vorl 5 2, KommEntw der NatVers Art. 2,
oktr V. Art. 2) unverändert übemommen worden. Abänderungsanträge
wurden bei der Revision nur im Zussch d. I. Kammer gestellt und schon
dort abgelehnt. Insbesondere verwarf der Zaussch den Vorschlag, hinter
„Staatsgebiets“ einzuschieben: „sowie die dasselbe bildenden Provinzen,
Bezirke und Kreise“, da eine Bestimmung dieses Inhalts nicht in die
Vu, sondern in die Kreis-, Bezirks- und Provinzialordnung gehöre
(I. K. 642). · ·
2. Grenzen. — Gemeint sind nach Wortlaut und Entstehungs-
geschichte nur die Grenzen des Staatsgebietes, also die Grenzen,
welche das preußische Staatsgebiet von anderen Staaten scheiden, nicht
die administrativen, jurisdiktionellen, kommunalen Grenzen innerhalb
des Staatsgebietes. Ob Anderungen auch dieses inneren Grenznetzes
„nur durch ein Gesetz“, d. h. nicht, außer im Falle gesetzlicher
Ermächtigung, durch einen Verwaltungsakt, bewirkt werden dürfen,
hat durch Art. 2 nicht entschieden werden wollen (so ausdrücklich der
oben (Entst Gesch) zitierte Ber. des ZAussch, I. K. 642) und ist nach den
Gesetzen über die Behörden- und Gemeindeorganisation, aushilfsweise
nach den aus Art. 62 und 45 zu entwickelnden allgemeinen staatsrechtlichen
Grundsätzen zu entscheiden. An und für sich ist das Bestimmungsrecht
über die Verwaltungseinteilung des Staates ein Ausfluß der in der voll-
ziehenden Gewalt des Königs inbegriffenen Organisationsgewalt. (Siehe.
das Nähere bei Art. 45.) Die Grenzen der Verwaltungsbezirke können
daher, unbeschadet des dem Landtage zustehenden Budgetrechts, im Ver-
waltungswege., insbesondere durch königliche Berordnung geändert und auf
demselben Wege auch bestehende Bezirke geteilt, neue gebildet werden.
Jedoch gilt dies nur für solche Bezirke, welche bloße Verwaltungssprengel,
Gliederungen der durch die Staatsbehörden geführten reinen Staats-
verwaltung darstellen, wie namentlich für die Regierungsbezirke (Beispiel
für die Bildung eines neuen Regierungsbezirkes — Allenstein —: KVv.
14. Okt. 05, GS-399,), nicht aber für solche, die zugleich oder ausschließlich als
territoriale Grundlage von Selbstverwaltungskörpern erscheinen, — nicht
also für die Abgrenzung der Provinzen, Kreise und Gemeinden. Denn
jeder Selbstverwaltungskörper hat ein ihm eigenes Recht auf seinen
örtlichen Wirkungskreis, welches, gleich jedem andern subjektiven Recht,