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bewährt und schon den Amitscharakter als Kreisgerichtsrat er-
halten hätten, übrigens ohne Rangerhöhung.
Auf Grund dieser Elemente war bei den Beratungen zum
Gerichtsverfassungsgesetze in Preussen die Dienstaufsicht bei den
Amtsgerichten zu ordnen, welche nicht „Deputierte oder Dele-
gierte des Kollegialgerichts, sondern selbständige Gerichtsbehör-
den sind“ (Bericht der Kommission für das GVG. B.D).
Ein eigentliches klares Einverständnis ist offenbar bei den
Auseinandersetzungen darüber nicht erzielt worden. Die Betei-
ligten waren sich augenscheinlich nicht gegenseitig verständlich,
was unter dieser Dienstaufsicht verstanden werden sollte, ob
nämlich eine lediglich disziplinarische haute main über die (amt-
liche und ausseramtliche) Betätigung der Beamten, oder die Be-
fugnis der Kreisgerichtsdirektoren, die Amtsgerichte im einzelnen
einer Prüfung, einer Korrektur und Remedur zu unterwerfen,
nach dem Vorbilde der Präsidenten und Direktoren der Landes-
justizkollegien der Allgem. Gerichtsordnung, die für Alles ver-
antwortlich oder doch mitverantwortlich waren, was innerhalb
ihrer Behörde vor sich ging.
Die Motive zu $ 10 (jetzt $ 22) des GVG. verhalten sich
zu der Stellung des aufsichtsführenden Richters ganz kurz:
„— auch bei Amtsgerichten, denen mehrere Einzelrichter
vorstehen, gibt es gemeinsame Angelegenheiten, und es muss
die Dienstaufsicht in eine Hand gelegt werden“ —
die „Dienstaufsicht“, aber, über wen?, schweigen sie sich aus.
In der Kommission (1. Lesung, vom 8. November 1875) fragte
daher der Abg. PrFAFFEROT an,
ob seine Auffassung richtig sei, dass die „Dienstaufsicht*
über die Subalternen und die Besorgung der Geschäfts-
leitung, nicht aber eine Aufsicht über die übrigen Richter
des Amtsgerichts sei?
Darauf erklärte der Direktor im Reichskanzleramt von Aus-
BERG, dass die Dienstaufsicht auch die Aufsicht über die