Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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(vgl. Arnpt, Verwaltungsarchiv 1903, S. 433), sondern ARNDT 
versucht diese „Verwischung“ unter unzulässigem Hineintragen 
angeblich französisch - belgischer Rechtssätze in das preussische 
Verfassungsrecht. Die „herrschende“ Theorie nimmt mit vollem 
Rechte an, dass der materielle, durch einen Rechtsnorminhalt 
bedingte Gesetzesbegriff den Artikeln der preuss. Verfassung an 
sich und insbesondere dem Art. 62 zu Grunde liege, und vom 
Boden dieser Auffassung der „herrschenden“ Theorie lässt sich 
ohne Mühe auch die Rechtsgültigkeit der K. Verordnung vom 
4. September 1883 nachweisen. RÖNNE interpretiert zwar den 
Art. 100 preuss. Verf. zutreffend dahin, dass derselbe nicht bloss 
die eigentlichen Steuern, sondern auch alle nicht unter den Be- 
griff wirklicher Steuern fallenden Abgaben treffe — seine son- 
stigen Folgerungen gegenüber dem Erlass vom 4. September 1882 
sind aber unrichtig. Der Art. 100 der jetzt geltenden rev. V. 
vom 31. Januar 1850 bestimmt — in wörtlicher Uebereinstim- 
mung mit Art. 99 der oktroyierten Verfassung vom 5. Dezember 
1848: „Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur, 
soweit sie in den Staatshaushaltsetat aufgenommen oder durch 
besondere Gesetze angeordnet sind, erhoben werden“. Die Neben- 
einanderstellung von „Steuern und Abgaben* in Art. 100 zwingt 
durchaus die „Abgaben“ im Sinne dieser Verfassungsstelle als 
etwas Besonderes gegenüber den „Steuern“ aufzufassen, und da 
der ohne jeden Zusatz angewandte Ausdruck „Steuern“ notwen- 
dig auf direkte und indirekte Steuern bezogen werden muss, 
können die „Abgaben“ nicht, wie ARNDT, Kom. z. preuss. Verf. 
1904, S. 325 will, auf die indirekten Steuern gehen®, sondern 
sie treffen allgemein die der Steuernatur entbehrenden und im 
  
© Annpts Beschränkung des Ausdruckes „Steuern“ auf direkte 
Steuern widerspricht dem alten Auslegungsgrundsatz: Ubi lex non distin- 
guit, ibi iudicis non. est distinguere. Der vorkonstituellen Zeit war jeden- 
falls die Verschiedenheit der „indirekten* Steuer von der überhaupt: der 
Steuernatur entbehrenden „Abgabe* bereits bekannt. Gesetz-Revision Pen- 
sum XII S, 286—238. Obertribunal Entsch. 34 S. 10 ff., 18,
	        
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