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Preussisch Stargard, tagen sollte. Daraufhin hatte sich der zu-
ständige Amtsvorsteher bereits vorgängig zu einer prinzipiellen
Erklärung bewogen gefühlt, in der er, „um Missverständnissen
zu begegnen“, bemerkte, er sei, da in der Provinz Posen die
Geschäftssprache ausschliesslich die deutsche sei, zu verlangen
befugt und verpflichtet, dass in der beabsichtigten Versammlung
die Verhandlungen und die damit verbundenen etwaigen Erörte-
rungen und Beratungen nur in der deutschen Sprache geführt
würden. Als dann tatsächlich in der Versammlung polnisch ver-
handelt wurde, verfiel sie der Auflösung!. Das gleiche Schick-
sal widerfuhr am 14. Dezember 1875 einer öffentlichen Versamm-
lung, die der Landschaftsrat von Jackowski auf Jablau nach
Neukirch, Kreis Preussisch Stargard, für die polnisch sprechen-
den Katholiken der Pfarrgemeinde des genannten Ortes und Um-
gegend einberufen und vorschriftsmässig angemeldet hatte: auch
sie wurde von dem zuständigen Amtsvorsteher wegen Nichtge-
brauchs der deutschen Sprache aufgelöst. In diesem Falle aber
beruhigte sich der Einberufer nicht bei dem Stande der Dinge,
sondern legte Beschwerde beim Kreisausschuss in Preussisch
Stargard ein. Daraufhin erhielt er am 30. 12. 1875 folgenden
Bescheid: „Da für die Behörden in Preussen die deutsche Sprache
die Geschäftssprache ist, und die preussischen Beamten nur diese
Sprache zu verstehen verpflichtet sind — da ferner, abgesehen
von .der praktischen Unausführbarkeit, eine Verpflichtung von der
Polizeibehörde, sich eines Dolmetschers zu bedienen, nicht aner-
kannt werden kann, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass
der eine öffentliche Versammlung überwachende Polizeibeamte
befugt ist, die Verhandlungen in der Geschäftssprache, d. h. der
deutschen Sprache, zu verlangen und, wenn diesem Verlangen
nicht stattgegeben wird, die Verhandlungen zu inhibieren. Ist
dagegen der Polizeibeamte zufällig der fremden Sprache, in wel-
* Vgl. Sten. Ber. üb. d. Verhandlungen des Abgeordnetenhauses 1876
Bad. IL 8. 881.
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