Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Amte und wahre die Amtsgeheimnisse, weil ihm dies vom Dienst- 
herrn zu tun befohlen ist?. 
Meines Erachtens ist gleichwohl eine selbständige Treupflicht 
zu statuieren, aber sowohl ihr Inhalt als ihr Existenzgrund 
scheint mir ein anderer zu sein, als von ihren Verteidigern an- 
genommen wird. 
ı Die rechtliche Natur des Staatsdienstes, Annalen des deutschen Reiches 
1885 S. 86 und 87. Der Genannte unterscheidet: 1. Die Dienstpflicht als 
Pflicht der Bereitwilligkeit zur Dienstleistung; ihr untergeordnet ist die 
Amtspflicht, die sich wieder spaltet in a) Pflicht zur wirklichen Arbeits- 
leistung, b) zur Gewissenhaftigkeit in der Amtsführung, c) zur Amtsresidenz, 
d) zum Gehorsam gegen rechtmässige Dienstbefehle 2. Pflicht zur Wah- 
rung des Amtsgeheimnisses. 3. Pflicht zur Führung eines achtungswürdigen 
Lebens. Nach der im folgenden entwickelten Ansicht ist die Amtspflicht 
lediglich in Gehorsamspflicht und Treupflicht einzuteilen, da sich die Pflich- 
ten sub a) und c) zu der sub d) nur wie selbstverständliche Mittel zum 
Zwecke verhalten, während die sub b) sich auf die Art der Erfüllung der 
Gehorsamspflicht bezieht, also dieser gewiss nicht selbständig gegenüber- 
steht. — Unter den Vertretern der selbständigen Treupflicht ist LABAND, 
Staatsrecht I S. 419 hervorzuheben, der der Treupflicht zwar vorzugsweise 
ethischen Charakter beilegt, dieselbe aber in seiner Aufzählung der Beamten- 
pflichten noch vor der Gehorsamspflicht anführt — offenbar, um die von 
ihm behauptete Analogie zwischen Vassalität und Dienstverhältnis auch in 
diesem Punkte zum Ausdruck zu bringen. Als Spezialfall der Treupflicht 
der Staatsangehörigen behandelt die Treupflicht der Beamten GAREIS All- 
gemeines Staatsrecht S. 145. Das Moment der Uneigennützigkeit (Verbot 
der Geschenkannahme in Amtssachen) betont namentlich .ULBRICH Oester- 
reichisches Staatsrecht S. 192. Von den Gegnern sei noch erwähnt SEYDEL, 
Bayerisches Staatsrecht im Handbuch des öffentlichen Rechtes S. 115, der 
die Treupflicht als juristisch nicht fassbar bezeichnet und darin nur eine 
Ausdrucksform der allgemeinen Dienstpflicht erblickt, den Dienst im Inter- 
esse des Dienstherrn also vor allem nicht zu dessen Schaden zu versehen. 
Dass am häufigsten die Verschwiegenheit als Inhalt der Treupflicht bezeichnet 
wird, hängt offenbar damit zusammen, dass als typischer Fall der Untreue 
die Preisgebung anvertrauter Geheimnisse d. i. der Verrat gilt, ein Aus- 
druck, der dann weiterhin auch für solche Fälle von Untreue gebraucht 
wird, in denen von einem Bruch der Verschwiegenheitspflicht keine Rede 
sein kann. Man denke insbesondere an das Verbrechen des Hochverrutes, 
das nach der Definition der $$ 80 und 81 des deutschen Strafgesetzbuches 
mit dem Verrat in jenem engeren Sinne nicht das geringste zu tun hat.
	        
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