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rell zusammen mit anderen Staaten zugestimmt haben, Völker-
recht genannt werden können und als solches von unseren Staats-
gerichten anzuerkennen und anzuwenden sind, sofern sich letz-
teren eine berechtigte Gelegenheit bietet, Fragen zu entscheiden,
welche völkerrechtliche Doktrinen involvieren. Angerufen können
diese Doktrinen indessen nur dann werden, falls sie wirklich als
die Staaten bindend akzeptiert sind; ein völkerrechtlicher Satz,
welcher angewendet werden soll, muss ferner, wie jeder andere
Rechtssatz, nachgewiesen werden, entweder durch Führung des
Nachweises, dass unser eigener Staat den betreffenden Satz an-
erkannt und seinen Handlungen zugrunde gelegt hat, oder durch
den Nachweis, dass die Natur des Satzes eine derartige
und derselbe derartig weit und allgemein akzeptiert worden
ist, dass eine Repudiierung desselben seitens eines zivilisier-
ten Staates kaum gedacht werden kann. Blosse Ansichten von
Juristen, wie hervorragend: und gelehrt sie auch sein mögen
genügen indessen an sich noch nicht; sie müssen ausserdem die
ausdrückliche Sanktion internationaler Vereinbarung empfangen
haben oder durch häufige praktische Anerkennung im Verkehr
der verschiedenen Staaten allmählich zu Bestandteilen des Völker-
rechts geworden sein. Zu adoptieren sind die Worte, welche
Lord Russel of Killowen 1896 in seiner Völkerrecht und Schieds-
gerichte behandelnden Ansprache!) in Saratoga gebrauchte:
„Was ist denn Völkerrecht? Ich kenne keine bessere Definition
als die, dass darunter die Summe der Regeln und Gebräuche
zu verstehen ist, welche zivilisierte Staaten als im Verkehr mit-
einander für sich bindend vereinbart haben.“ Nur falls Völker-
recht im obigen Sinne und mit den gedachten . Anwendungsbe-
schränkungen verstanden wird, trifft die klägerische Behauptung
zu, dass das Völkerrecht Bestandteil des englischen. Rechts sei.
Die von Klägerin zitierten Autoritäten lassen sich vollständig
ı Vgl. die Mitteilungen des Verfassers im „Archiv f. öffentl. Recht*,
1897, August, 8. 480 ff.