Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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lichen Loslösung von allem dogmatischen Fruchtertrag der deutschen Rechts- 
lebre liegen?. In jedem Kapitel bieten sich Beweisstücke in grösster Zahl 
für die völlig unjuristische, vielfach rein deklamatorische Behandlung der 
praktischsten und wichtigsten Verkehrsrechtsprobleme. Ganz zutreffend 
hat schon MxURER in seiner Anzeige des Buches (Jur. Literaturblatt 159 
1904) betont, dass BONFILS sich nur an wenigen Stellen von der traditio- 
nellen vorwurfsreichen Darstellung der wichtigsten Vorgänge der letzten 
Jahrzehnte, wie sie in den französischen Fachwerken üblich, freizumachen 
verstanden hat und in den allgemeinen Rechtslehrer sich als vollblütiger An- 
hänger des Naturrechts erweist. Die Folge ist, dass nunmehr neben die 
tendenziöse Darstellung CALvos ein zweites grosses Opus hinzugetreten 
ist, das der einseitigen französischen Fassung der friedens- und kriegsrecht- 
lichen Probleme weite Verbreitung zu geben im Stande ist. 
Zudem in deutscher Sprache, in der diese „angeborenen und unverlierbaren 
Rechte*, die oft widerlegte Gliederung der „iusseren und der inneren Sou- 
veränetät*, die formell bekämpften und materiell doch wieder von BONFILS 
ins System eingeflochtenen „Grundrechte der Staaten* so scharfkantig wir- 
ken, so widerspruchsvoll, dass man von Schritt zu Schritt den einzelnen 
Lehren händeringend den Einwand der Inkompatibilität vorhalten möchte. 
Darüber helfen auch die fleissigen Einschiebungen und kritischen Vorbehalte 
GpaAHs nicht hinweg und darum muss ich mich der Ansicht wider- 
setzen, die HOBLER im Geleitswort als Wunsch ausspricht, dass das Buch 
BoNFILS-GRAH „der grossen Masse der nicht fachmännischen Intelligenzen 
. als zuverlässiges Lese-, Hand- und Nachschlagebuch des Völkerrechts in 
deutscher Sprache“ dienen könne. Gerade dazu fehlt dem Buch innere 
Klarheit, Einheit und Objektivität. Französische Lehren, und nicht immer 
die bestformulierten, dringen von da aus in das auf deutscher Seite b e- 
stehende Informationsbedürfnis. Es vollzieht sich da eine Art „pendtration 
pacifique*, für die meines Dafürbaltens weder ein fachlicher noch ein poli- 
tischer Rechtfertigungsgrund vorliegt. Unsere zahllosen Widerlegungen der 
CaLvo'schen Irrtümer, der ab irato gegebenen fachlichen Urteile über die 
zeitgenössischen deutschen Staatsakte von „Sadowa* bis Marokko haben 
angemessene Würdigung und Einwirkung im französischen Lehrgebäude 
des internationalen Rechts nicht gefunden, dagegen soll die französische 
Auftassung in einem deutschen „Nachschlagebuch‘“ ihre gesicherte und breite 
Stätte finden? Ich kann den Nutzen dieses „Entgegenkommens“ nicht gut 
einsehen. Weder für die Fortbildung unserer Lehre noch für die friedliche 
Verständigung der beiden grossen Kulturvölker. — Auf die zahlreichen 
Fehler und Irrtümer: des Buches selbst einzugehen, wird in der Zeiten Folge 
Aufgabe der fachlichen Polemik sein müssen: fortiter in re. Die vor- 
liegenden Zeilen wollten nur dazu dienen die raison d’&tre der mühevollen 
Uebersetzung eines französischen für Studierende bestimmten Lehrbuches 
zu bestreiten. Gerade meine grosse Neigung für französische Art und der
	        
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