— 160 —
ter which is allowed by comity of nalions“.) Das Asyl ist eine
Ausnahme, die deshalb, wenn auch eine dringende Forderung
der Humanität, strikt interpretiert werden muss und im übrigen mit
den Grundgedanken der Neutralität nicht in Widerspruch stehen
darf. „Längerer“ Aufenthalt im neutralen Hafen würde ein Kriegs-
schiff dem Angriff des Gegners entziehen und ihm Schutz ge-
währen, der eine Parteinahme des neutralen Staates in sich
schlösse. Daher beschränkt die heutige auf englischer Grund-
lage beruhende überwiegende Praxis, die aber z. B. von Frank-
reich nicht angenommen ist, den Aufenthalt grundsätzlich auf
24 Stunden!. Gestattet wird regelmässig die Vornahme der
unbedingt notwendigen Reparaturen und die Einnahme der not-
wendigsten Menge an Proviant, Wasser und Kohlen. Ver-
boten ist — und darüber besteht Einstimmigkeit — die Ein-
nahme von Munition jeder Art, die kriegsmässige Vervollkomm-
nung des Schiffes, Ergänzung der Besatzung und Benutzung der
neutralen Gewässer als Basis maritimer Operationen wider den
Feind. Zu beachten ist jedoch, dass ein neutraler Staat be-
rechtigt ist, seine Häfen den Kriegsschiffen der Kriegsparteien
ganz zu verschliessen, den Fall von reläche forc&e ausgenommen,
wie dies mehrfach, besonders seitens der nordischen Staaten, ge-
schehen ist.
Die Neutralitätspflicht ist der höhere Gesichtspunkt, von
dem aus alle diese Fälle zu betrachten sind. Keine Stärkung
der Kriegstüchtigkeit in neutralem Hafen ist ein aus der
Neutralität fliessender Grundsatz, der Ausnahmen nicht kennt.
Die Asylgewährung darf hiermit nicht im Widerspruch stehen ;
hier ist vielmehr Erhaltung und Wiedergewährung der See-
tüchtigkeit (seaworthiness) das Schlagwort, international zu-
! In der Tagespresse ist Frankreich der Vorwurf gemacht worden, es
habe in seinen Häfen den russischen Schiffen zu Unrecht lünger als 24
Stunden Asyl gewährt. Aber man vergisst, dass die Staaten an das Völ-
kerrecht, und nicht an britische Regeln gebunden sind.