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gelassen durch Courtoisie und Humanität. Zwischen diesen
beiden Begriffen eine richtige und praktisch erkennbare Ab-
grenzung zu finden, ist das Wesen des ganzen Streits. Die Ein-
nahme der notwendigsten Lebensmittel (stereotype eng-
lische Formel: as may be requisite for Ihe subsistence of Ihe
crew), der notwendigsten Kohlen ist zulässig, damit das
Schiff sich weiterhelfen und die Heimat erreichen kann. Daher
die Bezeichnung des „nächsten Heimathafens“ als Mass der zu-
lässigen Kohleneinnahme. In diesem Satze liegt aber zugleich
ein weiterer Gedanke: Die Kohlenlieferung hat einen rück-
wärts gerichteten, keinen vorwärts gerichteten Zweck. Sie
soll dem Schiff die unumgänglich nötige Seetüchtigkeit geben,
damit es in heimatlichen Gewässern, von der eigenen Flottenbasis
aus, sich wieder in kriegsmässigen Zustand versetzen kann. Das
Asyl ist ein Notrecht, es darf keine offensive Spitze haben.
II.
Es war offenkundig, dass die russischen Flotten auf der
Fahrt nach Ostasien von einer grossen Zahl von Kohlentrans-
portschiffen begleitet waren. Die Flotten litten also überhaupt
keinen gegenwärtigen Kohlenmangel. Ein einzelnes dieser Flotte
angehöriges Kriegsschiff hätte sich nicht darauf berufen können,
dass seine Kohlenbunker erschöpft seien. (Falls etwa ein Kriegs-
schiff nur noch so wenig Kohlen hat, dass es die Kohlenschiffe
der Flotte nicht mehr erreichen kann, liegt es freilich anders;
in solchem Falle greifen die unter III zu erörternden Gesichts-
punkte ein.) Im übrigen aber diente jede in neutralen Häfen
gelieferte Kohlenmenge nicht der Selbsterhaltung der in ihrer
Bewegungsfreiheit etwa erschöpften Flotte, sondern der Auf-
sparung des für den Kriegsschauplatz mitgeführten Kollenvor-
rats und damit lediglich der Erhöhung der Kriegstüchtig-
keit der Geschwader.
Was von einem neutralen Hafen gilt, muss auch von der
Rhede gelten. Denn nicht etwa darauf kommt es an, ob un-