Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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die zur Erreichung des nächsten Heimatshafens oder des näheren 
neutralen Bestimmungshafens notwendige Kohlenergänzung im 
Falle unvorhergesehener Not nicht unbedingt versagt werden. 
Sie ist jedoch zu versagen, wenn das Schiff einen natio- 
nalen oder neutralen Bestimmungshafen nicht angeben kann, 
oder wenn sonst aus den Umständen erhellt, dass der nächste 
Zweck des Schiffes lediglich die Begehung feindlicher Handlungen 
ist. Es empfiehlt sich, die Reise nach dem Kriegsschauplatz 
und das Operieren auf letzterem derart zu trennen, dass, nach- 
dem das Schiff den letzten neutralen Hafen nach den oben be- 
sprochenen Grundsätzen angelaufen hat, nunmehr die abstrakte 
Regel derart angewendet wird, dass eine einmalige Kohlen- 
ergänzung in: dem genannten Umfange unbedingt zulässig ist, und 
dass erst von hier an die dreimonatige Frist gerechnet wird, 
nach deren Ablauf eine zweite Kohleneinnahme desselben Schiffes 
in den Gewässern desselben Staates wie in dem ersten Fall zu- 
lässig, vor deren Ablauf aber nur mit Spezialerlaubnis und als 
Ausnahme zu gestatten ist. Diese Spezialerlaubnis ist ein Sicher- 
heitsventil, ohne das die englische Formel nicht auskommt; es 
ist die notwendige Konzession der abstrakten Rechtsregel an die 
Rechtsbedeutung der konkreten Tatumstände, deren Würdigung 
im heutigen Rechtsleben niemals ausser acht gelassen werden 
kann. Hier müssen Takt und Rechtsgefühl entscheiden. Be- 
steht Grund zu der Annahme, dass das Kohlen erbittende Schiff 
auf die Hilfe des neutralen Hafens spekuliert hat, oder dass sein 
wahres nächstes Ziel die Vornahme kriegerischer Handlungen 
ist, wozu auch das Fahnden nach Kriegskonterbande gehört, so 
wird die Kohleneinnahme zu verweigern sein. Da ein unab- 
hängiger Richter zur Entscheidung über die richtige und billige 
Anwendung des Neutralitätsrechts grundsätzlich nicht vorhanden 
ist, so ist politischen Sympathieen und Antipathieen freilich 
weiter Spielraum gelassen, und man hat nicht ganz unrecht, 
wenn man sagt: das Seekriegsrecht ist flüssig wie die See.
	        
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