Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 202 — 
gelehnt, dass Renten von weniger als 10% nach der Recht- 
sprechung des Reichsversicherungsamts in der Regel überhaupt 
nicht gewährt werden sollen, und dass, wenn man bis zu der 
Grenze von 10% herabgehe, die Abfindung entweder nicht mehr 
praktisch werden oder die Gewährung zahlreicher, wirtschaftlich 
ungerechtfertigter Renten unter 10 %, nach sich ‚ziehen werde. 
Wohl aber- verstand man sich in der Kommission wie im Reichs- 
tage selbst zu der Einschränkung von 15 statt 20 v. H. und 
fügte zur Sicherung rechtsunkundiger Rentenempfänger noch 
zwei wichtige Ergänzungen hinzu: die Kapitalabfindung, welche 
begrifflich hier das beiderseitige Einverständnis mit der Vor- 
nahme der Ablösung unter Vorbehalt der Feststellung ihrer Höhe 
voraussetzt, darfnur nach Anhörung der unteren Ver- 
waltungsbehörde! erfolgen. Dadurch soll dem Gesichts- 
punkt Rechnung getragen werden, dass die Kapitalabfindung für 
unerfahrene Berechtigte unter Umständen wirtschaftlich gefähr- 
lich ist. Man hat angenommen, dass durch diese Massregel die 
ausschlaggebenden Verhältnisse rechtzeitig zur Kenntnis der Be- 
rufsgenossenschaft gebracht und von ihr in verständiger Weise 
berücksichtigt würden, weil verhütet werden inuss, dass entgegen 
dem Zweck der Entschädigung durch Rente später der Abfindungs- 
empfänger doch der Armenpflege zur Last fällt. Ausserdem ist 
in letzter Stunde durch den Reichstag? eingeschaltet, dass der 
Verletzte vor Annahme seines Abfindungsvertrages darüber be- 
lehrt werden muss, dass er nach der Abfindung auch in dem 
Falle keinerlei Anspruch auf Rente mehr habe, wenn sein 
! Die Bestimmung, welche Dienststelle als „untere Verwaltungsbehörde* 
gelten soll, erfolgt nach $ 152 G.U.V.G. von der Landeszentralbehörde des 
Bundesstaates, In Preussen sind im allgemeinen die Landräte, in Städten 
von mehr.als 10000 Einwohnern die Magistrate, in Bayern diese oder die 
Bezirksämter, in Sachsen die Amtshauptmannschaften oder die Stadträte, 
in Württemberg die Oberämter, in Baden die -Bezirksämter zuständig, vgl. 
y. WOEDTKE—CASPAR S. 535 fl. 
* Sitzung vom 9. Mai 1900, vgl. Stenogr. Berichte S. 5872 A.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.