Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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mittel der juristischen Technik.. Die Beantwortung. der Frage: 
welche Meinungsäusserungen der am Gesetzgebungsprozess irgend- 
wie beteiligten Personen dürfen als zuverlässige Bekundung der 
gesetzgeberischen Willensmeinung verwertet werden? kann nie- 
mals nach irgendwelchen allgemeinen oder formalen Regeln 
gefunden, sondern muss in jedem Einzelfall mit schärfster hi- 
storischer Kritik gesucht werden, und wird sehr oft vergeblich 
gesucht werden. Auch ist die Sache durchaus nicht einfacher 
gegenüber Gesetzen aus dem absoluten Staate als gegenüber 
konstitutionellen Gesetzen, trotz der Einfachheit des formal ge- 
setzgebenden Subjekts dort und seiner Kompliziertheit hier. Eine 
günstigere Situation verdankt man nur gelegentlich der patriarcha- 
lischen Redseligkeit der absolutistischen Zeit, wenn sich der 
Gesetzgeber. in Präambeln und Einleitungen ex cathedra mit 
behaglicher Breite über seine landesväterlichen Absichten und 
Meinungen auslässt: Solche gesetzgeberischen Expektorationen 
sind weit beweiskräftiger, als die Motive und Parlamentsreden 
der konstitutionellen Gesetzgebung; sie leisten manchmal treff- 
liche Dienste im Kampfe gegen die Rechtsverdunklung der Ver- 
waltungspraxis. Aber im übrigen ist die im Gesetzestext nicht 
ausgesprochene Willensmeinung des einköpfigen absoluten Gesetz- 
gebers keineswegs einfacher festzustellen als die der vielköpfigen 
legislativen Faktoren des Verfassungsstaates ; im Gegenteil oft 
noch schwieriger infolge der dort mangelnden Publizität der 
legislativen Vorbereitungsstadien. Schwieriger ist dort zunächst 
schon die doch notwendige Unterscheidung zwischen Aeusserungen 
des Individual- und des Organwillens des Monarchen. Wollte 
man z. B. die recht zahlreichen und merkwürdigen Aeusse- 
rungen Friedrich Wilhelms IV. über die von ihm oktroyierte 
Verfassung vom 5. Dezember 1848 als Material zur Interpreta- 
tion dieses Gesetzes verwerten, so käme man zu allerliebsten 
Resultaten! Deshalb ist übrigens auch der von TRAUTMANN 
(8. 585) zustimmend zitierte Satz ARNnDTs falsch, „dass bis zum
	        
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