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gemäss 8 97 des Allgem. Laandrechts a. a. O. das Versammlungs-
recht soweit nachgeben, dass der Polizeibehörde von dem Unter-
nehmer ein Vertrauensmann zu bezeichnen oder ein Dolmetscher
zu stellen sei.
Das letzte Wort im Streit um die Versammlungssprache
hat dann bisher wiederum das Oberverwaltungsgericht gehabt.
Durch Urteil vom 20. März 1903 1° hat es erneut den Grund-
satz der Sprachenfreiheit in politischen Versammlungen für
geltendes preussisches Recht erklärt, die Hammersteinschen Di-
stinktionen zurückgewiesen und insbesondere die Ansicht abge-
lehnt, dass schon aus der Veranstaltung nichtdeutsch verhandeln-
der Versammlungen seitens solcher Personen, die der deutschen
Sprache mächtig sind, die Absicht, sich der ‚polizeilichen Ueber-
wachung entziehen zu wollen, gefolgert werden könne. Die ein-
gehende Begründung dieses letzten verwaltungsgerichtlichen Er-
kenntnisses in der Versammlungssprachenfrage richtet sich nament-
lich auch gegen BLÜMKE, ZORN und DELIUS.
Versuchen wir nunmehr auf Grund des hier in Kürze skiz-
zierten Für und Wider uns ein selbständiges juristisches Urteil
über das in Rede stehende Problem zu verschaffen! Wir wer-
den dies Ziel m. E. am sichersten erreichen, wenn wir von mög-
lichst sicheren Tatsachen und möglichst allgemeiner Fragestellung
ausgehen. Denn nur auf diese Weise kann vorgefassten Mei-
nungen, die hier, wie bei jeder politisch gefärbten Rechtsfrage
eine besondere Rolle spielen, von vornherein wirksam begegnet
werden. So trachten wir denn zunächst Gewissheit darüber zu
gewinnen, ob das Königreich: Preussen ein einheitlich deutscher
Nationalstaat im Rechtssinne ıst,; und gehen erst, wenn wir in
dieser Hinsicht festen Boden unter den Füssen fühlen, dazu
über zu erörtern, welche Schlussfolgerungen für unser spezielles
Thema aus dem Ergebnis solcher Voruntersuchung gezogen wer-
den müssen.
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‚Archiv für öffentliches Recht. XX. 1. 2