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Duldung genügen, die der Staat ihren Sprachen im Privatleben
und im Kultus angedeihen lässt. Diese zwei Ausnahmen nun
aber sind freilich von einschneidendstem Einfluss auf die innere
Politik Preussens, .die 119000 Dänen und die über 3 Millionen
Polen deutscher Reichsangehörigkeit, welche zur Bevölkerung
des führenden Staates unseres Reiches zählen, sind in Wahrheit
nationale Fremdkörper von grösster Erheblichkeit für das öffent-
liche Leben. Nehmen wir also mit HERRNRITT an, dass ein
Staat, in dem fremdsprachige Volksgruppen eine politische Macht
darstellen, damit juristisch ein national gemischter Staat wird,
so werden wir allerdings auch mit ihm die Konsequenz ziehen
müssen, dass Preussen ein solcher national gemischter Staat im
Rechtssinne sei, wenn auch mit einer Hauptnation.
Um so entschiedener ist hier auszusprechen, dass HERRN-
RıTTs Prämisse unhaltbar erscheint. Sein Buch ist, wie bereit-
willig anerkannt sei, eine recht tüchtige Leistung und dient na-
mentlich auf dem nur mühsam gangbaren Boden des österreichi-
schen Sprachenrechts als zuverlässiger Führer. Aber seine Staaten-
einteilung ist nur teilweise von rechtswissenschaftlichem, zum
anderen Teile dagegen von ethnisch-politischem Standpunkt aus
gewonnen und entbehrt infolge dieser Inkonsequenz der juristi-
schen Brauchbarkeit.
Für die rechtliche Betrachtung der Nationalität eines Staates
kommt es nämlich, wie schon HUBRICH treffend bemerkt hat??,
einzig und allein darauf an, welcher Nationalität der Staat kraft
seiner autoritären Rechtsmacht angehören zu wollen erklärt.
Offen kann der Staat diese Frage allerdings nicht lassen, er muss
sie beantworten. Welche Antwort er aber gibt, ist, sofern seine
Suveränetät nicht etwa durch einschlägige Beschränkungen ge-
litten hat, seine eigene Sache und von ilim selbständig zu ent-
scheiden. Für diese juristisch relevante Willenserklärung des
Staates nun liegt die Möglichkeit eines’ dreifach verschiedenen
2.82.08. 17 f.