Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Politik und Handelspolitik treiben können, so trifitt dies auf alle Klein- 
staaten zu und doch sind Monaco, Liechtenstein, San Marino, Luxemburg 
u. 8. w. Stuaten und zwar souveräne und dasselbe galt von Hessen-Hom- 
burg, Schaumburg-Lippe, Lübeck u. s. w. zur Zeit des deutschen Bundes. 
Nicht das Quantum der Macht, sondern die Qualität der Hoheitsrechte ist 
für den Begriff des Staates entscheidend. 
Der Verf. sieht sich ferner veranlasst, den von ihm aufgestellten Be- 
grifl' der Souveränetät dadurch näher zu bestimmen, dass er. ihn in Gegen- 
satz zur Omnipotenz der Staatsgewalt setzt. Die Staatagewalt sei auf das- 
jenige Mass beschränkt, welches sich aus den staatlichen Aufgaben oder 
Pflichten ergebe. Dies ist keine Verneinung der Souveränetät, denn die 
Beschränkung erfolge nicht durch das Gebot einer übergeordneten Gewalt, 
sondern durch den eigenen Willen des Staates selbst, durch „Autolimite- 
tion“, Erst durch diese Selbstbeschränkung erlange die souveräne Staats- 
gewalt den Charakter einer Rechtsinstitution. Der Verf. stelıt bei diesen 
Erörterungen auf den von JELLINEK gegebenen. Grundlagen. So richtig es 
nun ist, dass es eine in Wahrheit schrankenlose Staatsgewalt niemals ge- 
geben hat und niemals geben kann, auch nicht in den absoluten oder des- 
potisch regierten Staaten wie die Türkei, Russland oder Persien; so glaube 
ich doch, dass der Verf. hier die Grenzen des Rechts überschreitet und Er- 
wägungen, die anderen Gebieten angehören, einmischt. Dass .der Staat 
seine Auforderungen an die Untertanen beschränkt, ihnen eine grosse Sphäre 
individueller Freiheit und Selbstbestimmung gewährt und garantiert, sich 
selbst einem Riehterspruch unterwirft, ob die Staatsbehörden in einem kon- 
kreten Full sich innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse gehalten haben u.s. w. 
beruht auf Gründen der Politik, Ethik, Klugheit u. 8. w., aber nicht auf 
einer rechtlichen Bindung. Der Satz, dass der Staat nur die „gesetzinässi- 
gen* Leistungen und Unterlassungen und Jen „gesetzmässigen“ Gehorsam 
fordern kann, hat nur formale Bedeutung, denn das Gesetz kann jeden 
denkbaren Inhalt haben. Eine Selbstbeschränkung ist ohne rechtliche Kraft; 
denn man kann sich von ihr nach Belieben frei machen; tut man es nicht, 
so geschieht dies nicht, weil man nicht darf, sondern weil man aus Klug- 
heit, Sittlichkeit, Anstand, Furcht u. s. w. nicht will. Dies gilt vom Staat 
wie von: einzelnen. Der Staat kann die Grenzen seiner „Autolimitation*® 
‚u jeder Zeit nach seinen Bedürfnissen verändern; er kann seinen Unter- 
tanen durch Veränderung der Gesetzgebung die Wehrpflicht, Gerichtspflichten, 
finanzielle Lasten, die Versicherungspflicht, polizeiliche Beschränkungen je- 
der Art u. 8. w. auferlegen, ohne dass man irgend eine Linie bezeichnen 
kann, an welcher der Staat die ihm vom Recht gezogenen Grenzen der 
Autolimitation überschreiten würde. Die Form gesetzgeberischer Akte wird 
vom Recht bestimmt, der Inhalt nicht; für diesen können ganz andere Mo- 
tive massgebend sein un sind es regelmässig auch in der Tat. Daher kann 
warn nach m. Ans. mit dem Begriff der rechtlichen Selbstbeschränkung das
	        
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