Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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däre, das Mittel zum Zweck; Interessengemeinschaft dagegen das primäre 
"und schöpferische. Und wo die Organisation den Anspruch erhebt, Selbst- 
zweck und Träger des schöpferischen Willens zu sein, wie die nationale 
Willensorganisation des „souveränen“ Staates, da tritt er diesem Anspruch 
als dem ärgsten Hemmnis des internationalen Fortschritts sozialer Kultur 
und reinen Rechts entgegen. Deshalb bekämpft er prinzipiell „die so sug- 
gestive und so vielfach irreleitende Vorstellung von der Bildung einer in- 
dividuellen Staatspersönlichkeit“; die unheilvolle Hemmung und 
Imreführung durch die „Vorstellung der staatlich organisierten Nation als 
eines allseitig geschlossenen Individualwesens, als einer 
Persönlichkeit oder eines Orgamismus.* Nun ist K. sicherlich zuzu- 
geben, dass man niemals die Verhältnisse des wirklichen Lebens irgend 
einer Theorie zuliebe doktrinär vergewaltigen darf; „das hiesse die mensch- 
lichen Rechtsverhältnisse zum Spielball eines angeblich logischen, in Wirk- 
lichkeit aber nur dialektischen Gedankenspieles machen.“ Andrerseits be- 
steht alle wissenschaftliche Arbeit, soweit sie über blosses Materialsammeln 
hinausgeht, in der Zurückführung der unübersehbaren Fülle der wirklichen 
Lebensverhältnisse auf gewisse einheitliche Grundanschauungen, Theorien. 
In seiner vermeintlichen Geringschätzung der Theorien — vermeintlich ; 
denn da er sehr ernsthaft wissenschaftliche Arbeit leistet, entwickelt er ja 
selbst berufsmässig Theorien, — begeht nun K. den Fehler, die beiden 
diametral entgegengesetzten, einander absolut ausschliessenden Theorien 
vom Wesen menschlicher Verbände in einen Topf zu werfen, als identisch 
zu behandeln. Die. Vorstellung einer individuellen Staatspersönlich- 
keit, eines allseitig geschlossenen Indiridualwesens ist 
der begriffliche Gegensatz der organischen Anschauung, die im Staate wie 
in allen sozialen Gemeinwesen das Gegenteil allseitig geschlossener In- 
dividuen sieht; K. jedoch identifiziert fälschlich diese (tegensütze. 
Gewiss krankt die herrschende Anschauung noch vielfach an einer here- 
ditären Belastung aus der Zeit des absoluten, „souveränen* Staates, wonach 
der Staat als unicum sui generis, als die politisch soziale Machtorgani- 
sation xat’ &Eoynv erschien, omnipotent nach innen, prinzipiell isoliert nach 
aussen. Dass diese Auffassung, konsequent zu Ende gedacht, die absolute 
Negation alles öffentlichen Rechts, des Staats- wie des Völkerrechts invol- 
viert, habe ich gerade vom Standpunkt der organischen Theorie aus wie- 
derholt dargelegt. Denn die Existenz jedes Rechts setzt zweierlei voraus: 
eine Mehrheit berechtigter Subjekte und eine sie verbindende höhere Ein- 
heit. Der Gedankenwelt des souveränen Staates fehlt nach innen jene Mehr- 
heit, daher kennt sie kein wahres Staatsrecht; und nach aussen diese höhere 
Einheit, daher kennt sie kein wahres Völkerrecht. Die moderne Entwick- 
lang des realen öffentlichen Lebens in Selbstverwaltung, Konstitutionalis- 
mus, bundesstaatlicher Gestaltung und internationaler Verbindung hat den 
Bann jener Scholastik gebrochen ; und der theoretische Ausdruck dieser 
Archiv für öffentliches Becht. XX. 2. 20*
	        
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