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Aufsätze.
Die rechtliche Natur des Staatsgebietes.
Von
Dr. Ernst RADNITzey in Wien.
Ueber das Verhältnis des Staates zu seinem Gebiete liegt
eine Reihe von Rechtsansichten vor, die sich in der Hauptsache
auf zwei Typen zurückführen lassen: die in ihrer privatrechtlich-
patrimonialen Ausprägung tief ins Mittelalter zurückreichende
Eigentumstheorie und eine in den letzten Jahrzehnten
zu steigendem Ansehen gelangte Auffassung, die ich der Kürze
und des Gegensatzes wegen die Eigenschaftstheorie nen-
nen will. Keine von beiden vermag meines Erachtens bei tie-
ferem Nachdenken zu befriedigen, die aus ihnen kombinierten
Mittelmeinungen aber scheinen mir überdies an einem inneren
Widerspruch zu leiden, der durch alle Kunst der Dialektik nicht
verhüllt. werden kann. Bevor ich nun meine eigene Ansicht ent-
wickle, ist es unerlässlich, dieses Urteil über den Stand der Lehre
durch eine ins einzelne gehende Auseinandersetzung mit den
markantesten Darstellungen des Gebietsproblems zu begründen.
Das Verdienst, die Diskussion über unseren Gegenstand in
neuerer Zeit in Fluss gebracht zu haben, gebührt bekanntlich
Archiv für öffentliches Recht. XX. 8. 21