Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Albanesen. Bei dem wievielten Hunderttausend fremdsprachiger 
Bevölkerung wird denn nun der Staat aus einem einheitlich na- 
tionalen zu einem national gemischten Gebilde? Und ist der 
Wille der national einheitlichen Staaten HERRNRITTS, ihre ver- 
hältnismässig schwachen fremdnationalen Elemente nicht zu po- 
litischer Bedeutung kommen zu lassen ®, rechtlich betrachtet, ein 
anderer als derjenige von „Staaten mit einer Hauptnation“, denen 
ihre freimdsprachigen Volksbestandteile vielleicht wie Pfähle im 
Fleisch stecken? Erklären sich nicht auch diese Staaten für 
national identisch mit ihrer Hauptnation, schieben sie nicht alles 
andere Volkstum ebenso wie jene „national einheitlichen“ Staaten 
als minderberechtigt in den Hintergrund ihres öffentlichen Le- 
bens? Nicht der juristische Wille als solcher ist bei den ein- 
zelnen Gremeinwesen, die wir unterschiedslos als Nationalstaaten 
reklamieren, ein verschiedener, sondern nur seine politische Ge- 
bundenheit ist bald grösser, bald geringer. Aber diese Staaten 
wollen in nationaler Beziehung alle dasselbe, und darauf allein 
kommt es an. Darum gehören sie, rechtlich betrachtet, zusam- 
men, sie auseinander zu reissen, ist unjuristisch. 
Wenn also die Tatsache, dass fremdsprachige Volkselemente 
einen bedeutsamen politischen Machtfaktor im Leben eines Staates 
ausmachen, für sich allein nicht genügt, um diesen Staat zu einem 
national gemischten Gemeinwesen im Rechtssinne zu stempeln, 
so ist auch das Königreich Preussen noch nicht allein um des- 
willen ein national gemischter Staat, weil in ihm 119 000 Dänen 
und mehr als 3 Millionen Polen nationalpolitische Sonderbestre- 
3 HERRNRITT spricht allerdings (a. a. O. S. 10) von der Gleichgültig- 
keit des Nationalstaates gegenüber den in ihm vorhandenen Splittern frem- 
der Nationen, die ja das eigene nationale Leben nicht zu beeinträch- 
tigen vermögen“. Diese Gleichgültigkeit besteht aber nur gegenüber den 
Aeusserungen des privaten Volkslebens fremder Nationalität, die uns hier 
überhaupt gar nichts angehen. Gegenüber etwaigen nationalpolitischen 
Aspirationen seiner fremden Volksbestandteile ist der Oppresivwille des 
HERRNRITT'schen Nationalstaates jedoch der denkbar energischste.
	        
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