Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Stand der Gebietslehre vor. Im Völkerrecht dominiert noch 
heute die Eigentumstheorie, aber ihre Vertreter, denen die völlige 
Unvereinbarkeit der beiden Gebietslehren offenbar noch gar nicht 
zum Bewusstsein gekommen ist, bedienen sich zahlreicher Wen- 
dungen, die nur als Ausdrucksmittel der Eigenschaftstheorie ver- 
ständlich sind. So bezeichnet von HOLTZENDORFF, Handbuch des 
Völkerrechtes Band II 845 8. 266 die Gebietshoheit als eine territo- 
rial-personale Oberherrschaft über alle innerhalb des Gebietes be- 
findlichen Sachen und Personen — ein Ausspruch, der wohl die 
vollständigste Vermengung von imperium und dominium darstellt, 
RıvIER bezeichnet in seinem Lehrbuch des Völkerrechtes 
das Gebiet eines Staates als den Teil der Erde, welcher der 
Herrschaft, dem Imperium (Gebiets- oder Territorialhoheit) dieses 
Staates unterworfen ist, sagt aber später, dass das Gebiet zum 
Wesen des Staates gehört. 
ULLMANN, Völkerrecht S. 179 sagt: das Staatsgebiet ist die 
physische Grundlage der staatlichen Gemeinschaft und das sach- 
liche Objekt der Staatsgewalt.e Als Staatsgebiet gilt... 
der...Teil der Erdoberfläche,innerhalb dessen die 
Staatsgewalt ausschliessend sich betätigt. Er unter- 
scheidet ferner eine negative und eine positive Seite des Gebie- 
tes, die erstere „soll darin bestehen, dass sich keine andere Ge- 
walt im Gebiete betätigen kann“, die letztere darin, dass „alles, 
was sich auf dem Staatsgebiet befindet, der Staatsgewalt unter- 
worfen ist“. Der Begriff der Gebietshoheit soll sich nur auf die 
negative Seite beziehen und dem Staate das Recht geben, jede 
fremde Herrschaftshandlung auf seinem Gebiete als einen Ein- 
griff in sein ausschliessliches Hoheitsrecht zurückzuweisen. Er- 
werb und Verlust des Gebietes bezeichnet er als 
Erwerb und Verlust der Gebietshoheit, wobei er hin- 
sichtlich des Erwerbes hinzufügt: „d.h. der Staatsgewalt in ihrer 
Richtung auf die reale Grundlage des Staates als ihres Objektes“ 
und hinsichtlich des Verlustes bemerkt, er trete durch das Auf-
	        
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