Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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Denn bei der Beratung der Novelle zum Gew.Ger.Ges. von 1901 
war es die einstimmige, auch für die Auslegung des $ 2 des 
Kauf:Ger.Ges. massgeblich verwertbare Auffassung aller Mitglieder 
der Kommission, dass die auf Grund des $ 2 errichteten Gewerbe- 
gerichte „erhalten bleiben müssten, „auch wenn die Einwohner- 
zahl unter die geforderte Höhe herabsinke !*. 
Die Errichtung obligatorischer Kaufmanns gerichte bietet 
nach $ 2 keine Schwierigkeiten und Besonderheiten. Sie steht 
unter der glatten Regel, dass das Kaufmannsgericht den unge- 
teilten Bezirk einer oder mehrerer Gemeinden oder weiterer 
Kommunalverbände umfassen muss. 
2. Dagegen übt der 8 7 Abs. 1 des Gew.Ger.Ges. auf die 
Errichtung obligatorischer Gewerbe gerichte einen besonderen 
Einfluss, der auch hier zu einer Gestaltung der obligatorischen 
Gewerbegerichtsbarkeit führt, die von derjenigen der Kaufmanns- 
gerichte abweicht. 
Es gelten hier folgende Sätze: 
a. Fach-Gewerbegerichte, deren. sachliche Zuständigkeit 
auf bestimmte Arten von Gewerbe- und Fabrikbetriebe, desglei- 
chen Gewerbegerichte, deren örtliche Zuständigkeit auf be- 
stimmte Teile des Gemeindebezirkes beschränkt ist, können weiter- 
bestehen, auch wenn die Gemeinde, in der sie errichtet sind, 
mehr als 20000 Einwohner hat und deshalb nach $ 2 ein obliga- 
torisches Gewerbegericht errichtet werden muss. Nach der grund- 
sätzlichen Erklärung des Staatssekretärs des Innern Dr. Graf 
v. PosapowsKkY in der Reichstagssitzung vom 10. März 1902? 
ı Kommissionsbericht v. 1901 S. 4, 5. Dies ist auch die herr- 
schoende Meinung der Kommentatoren beider Gesetze. Anderer Meinung ist 
OERTEL in FisoHEßrs Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwal- 
tung Band 29, 6, nach welchem das Sinken der Bevölkerungsziffer unter 
die Grenzziffer von 20000 „für sich allein noch keinen Grund zur Aufhe- 
bung des Knufmannsgerichts* bilden kann, dass also unter Hinzutritt an- 
derer Gründe doch wohl die Aufhebung des Gerichts gesetzlich zulässig sei. 
? Stenogr. Berichte v. 19028.4678, vg. Gewerbegericht 7, 161
	        
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