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bleibe und bei etwaigen Zweifeln der Erklärung zu Grunde ge-
legt werden müsse. Im Jahre 1817 folgte eine königliche Ver-
ordnung, betretiend die Justizverwultung im Grosslerzogtun
Posen ?®, deren vierter Abschnitt ($$ 143—156) von der Geschäfts-
sprache in den Gerichten handelte und für alle Verhandlungen,
an denen Polen beteiligt waren, eine weitgehende Rücksicht auf
ihre Sprache nahm, imunerhin aber den Deutschen insofern einen
Vorrang einräumte, als die posenschen Gerichte sich bei der
Korrespondenz mit öffentlichen Behörden, das Königreich Polen
ausgenonmen, sowie in den Berichten an die vorgesetzten Kol-
legien der deutschen Sprache ausschliesslich zu bedienen und ihre
Erkenntnisse ausnalımslos in deutscher Sprache abzufassen hatten.
Auch im übrigen war schon wührend dieser ersten bis zur Juli-
revolution reichenden Epoche des preussischen Regiments die
Geschäftssprache der posenschen Behörden grundsätzlich deutsch,
aber alle für das Publikum bestimmten Verhandlungen und Be-
kanntmachungen erfolgten in der Sprache, die den Beteiligten
verständlich war, also vielfach polnisch.
Diese schonende Behandlung des fremden Volkstums befrie-
digte freilich die nationalen Wünsche der polnischen Heisssporne
keineswegs, und insbesondere der herrschende Adel machte aufs
neue viel weiter gehende Ansprüche geltend. Schon 1817 warf
Joseph von MoRAWSKY in einer langen Denkschrift über die pol-
nische Nation der Krone Preussen „das System des Verdeut-
schens und Vernationalisierens* vor, noch weiter ging ein unı
dieselbe Zeit von eineın unbekannt gebliebenen polnischen Edel-
mann abgefasstes und an Gneisenau übermitteltes „Me&moire sur
les affaires Polonaises“, auf dem ersten posenschen Provinzialland-
age von 1827 ® trat der polnische Adel bereits geschlossen für
eine national staatsrechtliche Sonderstellung des Grossher zogtums
ein. Das gleiche Schauspiel wiederholte sich auf dein zweiten
38 (jes.Sammlg. S. 37 ff.
* Vgl. der erste Landtag des Grossherzogtuns Posen 1827. S. 67.