Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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die Ueberzeugungen, wonach sich die Pflichterfüllung richtet, 
vornehmlich rechtswissenschaftlicher Natur. 
10. 
Zum Schlusse vorliegender Ausführungen, die durchaus nicht 
den Anspruch auf eine erschöpfende Behandlung der aufgewor- 
fenen Fragen erheben, möchte ich noch mit einigen Worten 
die Stellung berühren, welche BIERLINGs grossangelegtes Werk, 
Juristische Prinzipienlehre, deren III. Band kürzlich erschienen 
ist?!, zu dem erörterten Thema einnimmt. 
BIERLING erachtet es nicht als Aufgabe der juristischen 
Prinzipienlehre, den Begriff oder das Wesen des Staates zu be- 
stimmen. Das Suchen nach einer Definition des Staates se 
ebenso müssig, wie für Anatomie und Physiologie das Suchen 
nach einer Definition des Begriffes „Mensch“. Für das innere 
Recht eines Staates komme es wesentlich nur darauf an, was es 
selbst als Staat ansehe, ohne alle Rücksicht darauf, warum es 
so tue; und für das Völkerrecht entscheide ebenso ausschliesslich 
die .wechselseitige Anerkennung als Staat, gleichviel, wie dies zu 
irgend einer Theorie stimme oder nicht. Der Staatsbegriff müsse 
als historischer angesehen werden, d.h. mindestens tejlweise aus 
Zeitalter, Volkscharakter u. s. w. heraus bestimmt werden (Prin- 
zipienlehre I. S. 311 ff.). 
Es ist zuzugeben, dass der Staat zunächst historischer Be- 
griff ist; das schliesst aber nicht aus, dass der Begriff einer juri- 
stischen Feststellung auch fähig ‘und bedürftig ist. Allerdings 
kann.dieser juristische Begriff nur ein formaler sein; bei Fest- 
stellung desselben muss die Rücksichtnahme auf den Volkscha- 
rakter, die spezifisch kulturellen und sozialen Verhältnisse, die 
Eigentümlichkeiten der innern Organisation und des innern Rechts- 
lebens wegfallen. Wir trefien den Ausdruck Staat oder einen 
ı E. R. BIERLING, Juristische Prinzipienlehre, Bd. IH, J. C. B. Mohr 
(Paul Siebeck). Tübingen 1905.
	        
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