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eminente Bedeutung des Ebenbürtigkeitsprinzips, dieses eigenar-
tigen und bis auf unsere Tage streng durchgeführten Charakte-
ristikums spezifisch deutscher Rechtsbildung, übersehen. Noch
viel weniger kann ihnen natürlich das Recht der Thronfolge zu-
erkannt werden, wie es den ebenbürtigen Abkömmlingen souve-
räner Häuser zukommt. In Wahrheit sind die morganatischen
Kinder mit ihrem hochadligen Vater zwar im natürlichen, nicht
aber im rechtlichen Sinne blutsverwandt. Zutreffend macht des-
halb GöHRUM ! darauf aufmerksam, dass die Agnaten den mor-
ganatisch vermählten parens beerben, weil, selbst wenn er Kin-
der hat, er doch „rechtlich für kinderlos“ gilt. Letztere gehören
„in sensu Juris und quoad effectus civiles nicht zu ihres Vaters
Haus und Familie“. Denn sie werden überhaupt nicht „vor
Fürstenkinder erkannt“ ?
(iesteht man aber dies erst einmal zu, so muss man auch
die letzten Konsequenzen daraus ziehen und nicht schon dort
Halt machen, wo noch rechtliche Folgerungen aus dieser Auf-
fassung zu konstatieren sind. Da also den Kindern kein Inte-
staterbrecht zusteht, so ist es im Prinzipe unrichtig, mit der
herrschenden Lehre, wie sie MOSER und PÜTTER * vertreten, für
den Fall a) ein solches Recht zu verneinen und für den Fall b)
es zu konstruieren. Die genannten Rechtsgelehrten sind nän-
lich der Ansicht, dass die Kinder zwar im allgemeinen von jeder
Erbfolge ausgeschlossen seien, jedoch dann zur Succession ge-
langen könnten, wenn keine wahren Erbfolger vorhanden wären.
S. 35 ausführt: „Da der Vater über das übrige Vermögen frei verfügen
kann, tritt nach Ausscheidung der Lehngüter ... die gewöhnliche Civilerb-
folge ein*. Er verwechselt hier testamentarische und gesetzliche Erbfolge.
ı A. a. O0. Bd. 2, S. 336, ? MosEr a.a. 0. T. II, S. 848.
® S. das Testament des Herzogs Franz Josias auf S. 35, sowie das Memo-
rial des Grafen zu Ysenburg an den Reichskonvent auf S. 36 meiner Schrift.
* Moser a.a.0. T. IIS. 157, PöTTer a. a. O. 8. 369; ebenso: HEFFTER
S, 135. STOBBE-LEHMANN a. a. O. BOLLMANN 8.3. O.
Dagegen: GöHRUM Bd. 2 S. 334, 335; KoHLER a. a. O. S. 156.