Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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seinem jüngsten einschlägigen Erkenntnis °*, dass das Vereins- 
gesetz von einem an Versammlungen zu übenden Ueberwachungs- 
rechte des Staates überhaupt nicht spreche. Es lege dem Unter- 
nehmer oder Vorsitzenden einer Versammlung fest umschriebene 
Pflichten auf und der Ortspolizeibehörde besondere Zuständig- 
keiten bei, deren gemeinsamer Zweck es sei, letzterer die 
Kenntnisnahme von den Vorgängen in der Versammlung zu er- 
möglichen. Die Massregeln dienten mithin jener gesetzlich ge- 
regelten Ueberwachung, der in verfassungsrechtlicher Ermäch- 
tigung Versammlungen gewisser Art unterworfen werden könnten. 
Aber diese Ueberwachungsmassregeln stellten nicht ein eigenes Ho- 
heitsrecht des Staates dar, welches als subjektives Recht den sub- 
jektiven Rechten der Untertanen gegenüberträte; vielmehr seien 
sie nichts anderes als die sich auf einem bestimmten Gebiete 
vollziehende Betätigung der Polizeigewalt, vermöge deren der 
Staat die Aufgabe habe, Störungen und Gefährdungen der öffent- 
lichen Ordnung, die aus dem Verhalten der einzelnen — hier 
aus der Ausübung des Versammlungsrechts — hervorgingen, ab- 
zuwehren und zu verhüten. Der Umfang, in welchem die Polizei 
befugt sei, bei Wahrnehmung der ihr anvertrauten öffentlichen 
Interessen durch obrigkeitliche Verfügungen in die Einzelfreiheit 
einzugreifen, sei ihr durch das öffentliche Recht — hier durch 
die Vorschriften des Vereinsgesetzes — vorgezeichnet und könne 
nicht nach dem Gesichtspunkte, dass kollidierende Rechte der 
Behörden und.der Individuen in Frage ständen, abgemessen oder 
abgewogen werden. Die Frage, ob im Einzelfalle das Ueber- 
wachungs- oder das Versammlungsrecht das stärkere sei oder 
ob sie beide als gleichartig erachtet werden müssten, sei gegen- 
standslos. 
Man wird in diesen Deduktionen des Oberverwaltungsgerichts 
manches für missverständlich halten können und ihren Grund- 
gedanken doch als berechtigt anerkennen müssen. Es ist sicher 
| nn en 
% Entsch. Bd. 43 S. 442 f. 
 
	        
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