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kein sehr glücklicher Ausdruck, wenn der Gerichtshof sagt, das
Vereinsgesetz spreche überhaupt nicht von einem an Versanim-
lungen zu übenden Ueberwachungsrechte des Staates. Denn
wenn auch zuzugeben ist, dass die \Vorte Ueberwachung und
Aufsicht in der ganzen Verordnung vom 11. März 1850 nicht
vorkommen, so besteht doch andrerseits kein Zweifel, dass das
Gesetz seine Bestimmungen trifft, um das allgemeine Aufsichts-
und Ueberwachungsrecht des Staates, welches in seiner Polizei-
gewalt enthalten ist, auf politische Versammlungen anwendbar
zu machen. Ob nur diese allgemeine Polizeigewalt ein subjek-
tives Hoheitsrecht des Staates ist, oder ob sich auch jeder be-
sondere Ausfluss der staatlichen Polizeihoheit als subjektives
Recht konstruieren lässt, läuft schliesslich auf einen Wortstreit
hinaus; jedenfalls ist die polizeiliche Ueberwachung von politischen
Versammlungen als Teil der allgemeinen polizeilichen Aufsicht
diesem Ganzen homogen. Halten wir nun aber auch an dem
Ausdruck des staatlichen Ueberwachungsrechtes politischer Ver-
sammlungen fest, so geben wir damit doch der Deliusschen
Argumentation nicht nach. Denn es handelt sich bei. der in
Rede stehenden polizeilichen Ueberwachung und staatsbürger-
lichen Versammlungsfreiheit nicht um den Widerstreit eines
stärkeren und eines schwächeren subjektiven Rechtes, sondern
um zwei vollkommen gleichberechtigt nebeneinander. herlaufende
Befugnisse, die deshalb überhaupt nicht in Kollision geraten
können, weil das Gesetz ihre Grenzen stets in lückenloser Weise
bestimmt. Die Versammlungsfreiheit reicht immer genau so
weit, als sie nicht durch Rechtsnormen beschränkt ist, die der
Polizei die Ausübung ihres Aufsichtsrechtes ermöglichen und
erleichtern sollen®®. So üben denn in politischen Versamm-
% Jg ist also erschöpfend durch Gesetz bestimmt, was der Versamm-
lungsunternehmer und was die Versammelten selbst tun und lassen müssen
um ein aktives Eingreifen der Polizei zu vermeiden. Genügen sie diesen
Vorschriften, 80 tragen sie keinerlei Verantwortung dafür, dass tatsächlich
vielleicht doch die polizeiliche Ueberwachung der Versammlung unmöglich