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lichen Gesetzbuches und dem sonstigen Sprachgebrauch abwei-
chender ist. Damit ist aber noch keineswegs gesagt, dass nun
in all den Fällen, wo der „Ort“ massgebend ist und dieser „Ort“
in zwei Gerichtsbezirke zerfällt, beide Gerichte gleichmässig zu-
ständig sein müssen, wie ENDEMANN, MUNK und HEMITZ°® an-
nehmen, eine Ansicht, die ohne eingehendere Begründung auch
gelegentlich der Beratung des vorliegenden Gesetzes vom 16. IX.
1899 in den beiden Häusern des Landtages von einigen Mit-
gliedern derselben, allerdings ohne Erfolg, vertreten worden ist #°.
Man übersieht eben folgendes: Die gesamten Vorschriften
des zweiten Titels der Zivilprozessordnung über den Gerichts-
stand setzen stillschweigend voraus, dass der Staat in geogra-
phisch abgegrenzte Gerichtsbezirke geteilt ist ®®. Die „vorhande-
nen“ Sprengel sind demnach die Grundlage für die Zuständig-
keitsbestimmungen und daher ist auch die Sprengelgrenze die
Maximalgrenze, innerhalb deren diejenigen Beziehungen der
Rechtsstreitigkeiten, von deren Vorhandensein die Zivilprozess-
ordnung die Zuständigkeit eines Gerichts abhängig macht, ihren
Raum finden müssen. Insofern findet der von der Zivilpro-
zessordnung in vollem Einklang mit dem sonstigen Sprachge-
brauch verwendete Begriff des „Wohnsitzes“, des „Ortes“ von
selbst seine Beschränkung. Er muss notwendigerweise auf den
Gerichtssprengel gleichsam zugeschnitten werden. Nur dies will
auch wohl LAZARUS sagen, wenn er ausführt, der Begriff des
Wobnsitzes im Sinne der Zivilprozessordnung sei etwas verschie-
den von dem des Bürgerlichen Gesetzbuches. Letzterer beruhe
» MunkK 2.8.0. S.212; Heınıtz a.a.0.S. 194; EnDEMANN, Zivilprozess
I S. 244/245.
# So in der Sitzung des Hauses der Abgeordneten vom 24. IV. 1899
vom Abgeordneten Dr. Krause (S, 1956 ff.), Dr. Krüger (S. 1963), Traeger
(S. 2941) und Dr. Porsch S. 2935, 2952 der Sten. Berichte über die Ver-
handlungen des Hauses der Abgeordneten 1889 Bd. 8.
s WaonH, Handbuch des Zivilprozesses 1885. I. S. 8347—849.