Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

— 539 — 
bestimme, dass an einem Orte ein Gericht errichtet und ihm ein 
Teil eines anderen Gerichtsbezirkes zugewiesen werde, so sei von 
selbst darin auch die Bestimmung enthalten, dass das neue Ge- 
richt hinsichtlich des ihm zugewiesenen Bezirks an die Stelle 
des bisherigen trete. Daraus folge weiter, dass alle bürgerlichen 
Rechtsstreitigkeiten, die bisher auf Grund von Beziehungen zu 
einem Orte des ursprünglichen Gerichtssprengels bei dem alten 
Gerichte anhängig gewesen, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes 
ohne weiteres nach Massgabe ihrer Beziehungen zu den jetzigen 
Sprengeln auf die beiden neuen Gerichte zur weiteren Ver- 
handlung und Entscheidung übergegangen seien. Die neuen Ge- 
richte hätten also die vom bisherigen Gerichte angesetzten Ter- 
mine wahrzunehmen °®., 
Diese Successionstheorie kann jedoch nicht als 
richtig erachtet werden. Zunächst wird man wohl BETZINGER °®? 
darin unbedenklich beitreten können, dass der privatrechtliche 
Begriff der Eirbfolge auf unseren Fall nicht analog anwendbar 
ist. Entsprechende Begriffe für „Tod“, „Erbmasse* lassen sich 
hier nicht konstruieren. | 
Weiter beruht aber die Ansicht KoPPERS auf einer nicht 
zutreffenden Auffassung von dem Wesen der Gerichte. Jedes 
Gericht, also auch ein Amtsgericht, stellt eine Behörde des 
Staates dar d. h. ein Organ, welches zur Ausübung von Staats- 
gewalt berufen ist. Als solchem kann ihm aber eine eigene ju- 
ristische Persönlichkeit nicht zugeschrieben werden, denn im Ver- 
hältnis zwischen Staat und Behörde steht nur dem ersteren 
Persönlichkeit, Rechtssubjektivität zu. Wollte man den einzelnen 
Organen auch eigene Persönlichkeit zuerkennen, so würde man 
dazu kommen, den Staat in soviele einzelne Persönlichkeiten zu 
zerlegen, als er Organe hat. Dass dies nicht angängig, ist jetzt 
5? KOPPERS &. a. 0. S. 205, 209, 238. 
88 BETZINGER, Einfluss einer Bezirksänderung auf anhängige Sachen, i. 
d. Zeitschr. f. deutschen Zivilprozess Bd. 17 S. 442.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.