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wohl herrschende Meinung °*.
Ist das Gericht nun auch kein Rechtssubjekt, sondern ledig-
lich ein Organ des Staates, so darf man doch nicht verkennen,
dass dies Organ vom Staate als ein einheitliches geschaffen ist,
das in sich ein geschlossenes Ganzes bildet und als solches auch
nach aussen in die Erscheinung tritt. Mag ein Amtsgericht auch
in mehrere Abteilungen zerfallen, denen je ein örtlich abgegrenz-
ter Bezirk zugewiesen ist, so handelt doch jede Abteilung als
„das“ Amtsgericht und ebenso hat eine Veränderung in der Per-
sönlichkeit der Richter auf den Fortbestand der Behörde nicht
dlen geringsten Einfluss 5,
Die Errichtung dieses Organs ist aber lediglich Sache des
Staates, nur dieser allein ist auch die Quelle seiner Machtbe-
fugnis und diese wiederum besteht darin, eine bestimmte Gerichts-
barkeit als Staatsgewalt auszuüben. „Ihm ist‘ die Rechtspflege
in Sachen gewisser Art anvertraut“5°. Diese „Gerichtsbarkeit
als Staatsgewalt zur Verwirklichung des Rechts gedacht“ findet
aber keineswegs seine Grenze in dem dem einzelnen Gerichte
zugewiesenen Bezirke, „sie steht“,. wie KOHLER? sagt, „als der
51 So MEYER, Lehrbuch d. deutschen Staatsrechte. 5. Aufl, 18, 907;
Zorn, Staatsrecht des Deutschen Reiches. 2, Aufl. I 8. 228; v. WILMOWSKI
u. Levy a.a. O. II S. 1268 Anm. 1 zu $ 15 GV.; SEıDLER, Die Immunität
der Mitglieder der Vertretungskörper nach Österreichischen Recht, 1891,
S. 67—69; JELLINEK, System der subjektiven Öffentlichen Rechte, 1892,
S. 212 ff.; BERNATZIK, „Kritische Studien über den Begriff der juristischen
Person und über die juristische Persönlichkeit der Behörden insbesondere*®
im Archiv für öffentliches Recht Bd. 5 $. 169 ff., insbes. 8. 255, 816, 817.
AnSCHÜTZ, Kritische Studien zur Lehre vom Rechtssatz und formellen Ge-
setz, Leipzig 1891, S. 281. A.M. WıacaH a.a. 0.1 8.825: „Die richterliche
Behörde ist ein publizistisches Rechtssubjekt, welches seine behördliche Ge-
walt vom Staate ableitet, Staatsgewalt ausübt“. Dem hat sich BETZINGER
a.2. O. S. 440 angeschlossen. |
55 BETZINGER a. a. O. S, 440; WAoH a. 8. 0. S. 825.
56 RENAUD, Zur Lehre von der gerichtlichen Zuständigkeit“ i. d. Zeit-
schr. f. deutschen Zivilprozess. Bd. 5 8.2. Siehe auch HeLLwıc, Lebrbuch
des deutschen Zivilprozessrechts 1903 I 8.. 87.
57 KoHLsR, Der Prozess als Rechtsverhältnis, 1888, 8. 58.