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das Gericht seinem Wesen nach von dem je-
weiligen Umfang seines Sprengels völlig un-
abhängig ist, also auch von einer Verkleine-
rung seines Bezirks nicht berührt wird. Auf
den vorliegenden Fall angewandt, ergibt sich hieraus die Folge,
dass das bisherige Amtsgericht I in Berlin durch die Wegnahme
des dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg zugelegten Teiles seines
Sprengels in seinem Wesen in keiner Weise betroffen wird, dass
es also unverändert fortbesteht und nur eine andere Bezeichnung,
Amtsgericht „Berlin-Mitte“ erhält®. „Lebt“ demnach auch nach
dem 31. Mai 1906 das bisherige Amtsgericht I in Berlin unver-
ändert fort, so kann auch von einer „Erbschaft“, einer „Succes-
sion“ nicht gesprochen werden. Damit fällt aber auch die wei-
tere Folgerung Koppers%, dass das Gesetz stillschweigend die
Bestimmung enthalte, „das neue Gericht trete an die Stelle
des bisherigen, soweit ihm dessen Sprengel zugewiesen sei“.
KopPpers beruft sich zwar noch dafür, dass das Successions-
prinzip auch gesetzlich seine Anerkennung gefunden habe, auf
die 88 2, 8, 11, 34 des Preussischen Gesetzes betreffend die
Uebergangsbestimmungen zur deutschen Zivilprozessordnung vom
31. März 1879 (Ges.S. S. 322). Dort ist allerdings gesagt,
dass an die Stelle der aufgehobenen Gerichte (z. B. Kreisgerichte)
die neu zu bildenden Landesgerichte treten: sollen. Hierbei ist
aber zu beachten einerseits, dass es sich damals um eine Neu-
organisation handelte, und andererseits dass diese Art der Re-
gelung lediglich aus Zweckmässigkeitsgründen geschah und nicht
68 Zu demselben Resultat gelangt STOLZEL a. a. O. S. 45-49. Er findet
in dem vorliegenden Gesetze den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck
gebracht, dass das bisherige Gericht trotz Aenderung des Bezirks als „das-
selbe Gericht“ fortbestehen soll. Diesem Willen legt er eine entscheidende
Bedeutung bei.
% KopPrEBs 8.8.0. S. 205.
*® KoPPERS 8.0.0. 8. 209.