Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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temberg; nachdem es aber Bismarck gelungen war, eine Verständigung mit 
Bayern herbeizuführen, ohne die bayrische Forderung einer territorialen 
Vergrösserung zu bewilligen, sah sich Württemberg isoliert und in seinen 
Erwartungen getäuscht. Die grossen Zugeständnisse, welche in der Reichs- 
verf. Bayern gemacht wurden, hat es aber zum grossen Teil dem Wider- 
streben Württembergs in den Bund einzutreten, zu verdanken. Sonderbarer- 
weise legte der Bayrische Minister Graf Bray auf den Bundesrats-Ausschuss 
für die auswärtigen Angelegenheiten besonderen Wert, indem er in völliger 
Verkennung seiner wirklichen Bedeutung seine Aufgabe in einer Kontrolle 
über die auswärtige Politik des Bundeskanzlers zu sehen. glaubte. Auch für 
die Geschichte der Kaiserfrage bis zum Abschluss der Versailler Verträge 
und für die Differenzen zwischen dem König Wilhelm und Bismarck bei 
der Proklamation des Kaisertums bringt das Buch teils neues Material teils 
altes in neuer Beleuchtung. Bei allen diesen Vorgängen, in denen die über- 
ragende politische Weisheit und Kraft Bismarcks sich zeigt, erhebt sich 
durch seine uneigennützige Vaterlandsliebe, durch seinen Edelmut und seine 
Opferfreudigkeit, durch sein tiefes und niemals beirrtes Verständnis für das, 
was politisch nötig und politisch möglich ist, über alle anderen der Gross- 
herzog von Baden, dessen Anteil an der Errichtung des Reichs und des 
Kaisertums, den ja G. MEYER schon dargelegt hat, auch in diesen Erörte- 
rungen wieder zu Tage tritt. 
Laband. 
Karl Schlimm. Das Grundstücksrecht in den deutschen Kolonien. Tübinger 
Doktordissert. Leipz. 1905. 126 S. 
Die Regelung des Grundstücksrechts in den Schutzgebieten ist nicht 
nur eine Angelegenheit, welche für die Entwicklung und das Gedeihen der 
Schutzgebiete von hervorragendster Bedeutung ist, sondern sie ist auch 
ausserordentlich schwierig und verwickelt. Die grosse Masse herrenlosen 
oder unbewohnten Landes, die Rechtsanschauungen und wirtschaftlichen 
Bedürfnisse der Eingeborenen, die Privilegien der Kolonialgesellschaften, 
die Landkonzessionen, der Erwerb echten und vollkommenen Eigentums 
durch Angehörige zivilisierter Nationen, die Verschiedenheit der Gebiete, 
für welche eine Landvermessung und die Anlage eines Grundbuchs stattge- 
funden hat, von denjenigen, in welchen diese Einrichtungen nicht bestehen, 
die Massregeln zur Verhütung schädlicher Landspekulationen und umfang- 
reicher Okkupationen, sowie die Unterschiede, welche zwischen den einzel- 
nen Schutzgebieten bestehen, hindern eine einfache und einheitliche Rege- 
lung dieser Materie. Es konnte daher auch nicht gleich beim Erwerbe der 
Schutzgebiete eine definitive Ordnung erfolgen; man musste sich zunächst 
mit provisorischen Verordnungen begnügen und erst nach längerer Zeit 
konnte man auf Grund der gesammelten Erfahrungen und der fortschreiten-
	        
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