Full text: Archiv für öffentliches Recht. Zwanzigster Band. (20)

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9) deren Eltern als Gewohnheitstrinker oder notorisch schamlos die Ge- 
sundheit, persönliche Sicherheit oder Sittlichkeit ihrer Kinder geführden, 
10) die gemäss art. 66 Code pe@nal in eine maison de correction gebracht 
werden. 
In den Fällen zu 1—4 zieht die Verurteilung ohne weiteres den Ver- 
lust der elterlichen Gewalt nach sich, in den Fällen zu 5—10 ist der Ver- 
lust nur fakultativ (S. 24). „Verwahrlost“ sind Kinder, deren Eltern un- 
fähig zur Erziehung oder daran — z.B. durch ihren Beruf oder Gebrechen 
— behindert sind. Solche Eltern können durch gerichtliches Verfahren ge- 
nötigt werden, das Recht der Aufsicht, Erziehung und Züchtigung auf die 
Assistance publique (Staat, Departement, Gemeinde oder öffentliche Anstalt 
— 8,40) zu übertragen, die dies Recht als Vormundschaft an die Personen, 
Vereine, Anstalten weitergibt, die das Kind aufnehmen (S. 27). Dadurch 
wird die — meist nur in gewinnsüchtiger Absicht erfolgende — Rückfor- 
derung des Kindes, wenn es erwerbsfähig geworden. seitens der Eltern ab- 
geschnitten. Wiederherstellung der elterlichen Gewalt kann nur durch ge- 
richtliche Entscheidung erfolgen; einmalige Ablehnung des Gesuchs wirkt 
endgültig (S. 39). Ueber den Verkehr solcher Eltern mit ihren Kindern 
entscheidet die Assistance publique (S. 39). 
Die Staatsaufsicht über die Erziehung der enfants maltraites et mora- 
lement abandonnes steht in höchster Instanz dem Minister des Innern, in 
den Departements den Präfekten zu, welche je einen Inspektor und Unter- 
inspektoren zur Seite haben (S. 40—45). Ein oder mehrere hospices depo- 
sitaires sind in jedem Departement zur vorläufigen Aufnahme der Kinder 
bestimmt, bis sie an Familien oder Anstalten übergehen (S. 45). Die Vor- 
Kundschaft steht den Inspektoren zu, sofern sie nicht Privaten übertragen 
wird, welche Verpflegung, Erziehung und Berufsausbildung der Kinder über- 
nehmen (S.48). Familienerziehung auf dem entvölkerten platten Lande 
wird der Anstaltserziehung vorgezogen. Die Tragung des Unterhalts ver- 
bleibt den Eitern; bei deren Armut trägt das Departement unter Beiträgen 
von Staat und Gemeinde die Kosten. — Der Verf. erkennt an, dass das Ge- 
setz von 1889 wirksamen Jugendschutz trotz einiger Mängel bietet (S. 61). 
— Zum Schlusse wird der privaten unuion francaise pour le sauvetage de 
l’enfance gedacht, die 1887 von zwei Frauen ins Leben gerufen, anfangs 
mit Jules Simon an der Spitze, bei einem Jahresverbrauch von etwa 
200000 frcs sehr segensreich als ein Seitenstück zur englischen Society for 
the prevention of cruelty to children wirkt, aber mehr Hand in Hand mit 
der Polizei als in England. 
Der mir zur Verfügung stehende Raum verbietet ein Eingehen auf die 
weiter vom Verf. dargestellten Einrichtungen in Belgien und in der Schweiz. 
Auch hier muss dankend die eingehende Darstellung des positiven Rechts- 
zustandes anerkannt werden. Nur würde überall eine straffere Disposition 
Archiv für Öffentliches Recht. XX. 4. 39
	        
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