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helms III. und behandelt in dem vorliegenden ersten Bande, dem ein zweiter
folgen soll, zunächst die Zeit bis 1817.
In einer ausführlichen Einleitung schildert er die Lage des protestan-
tischen Kirchenwesens in Preussen am Ende des 18. Jahrhunderts, wie da-
mals nach den von den naturrechtlichen Doktrinen beeinflussten Auffassun-
gen der Zeit von einer Kirche im Ganzen als eines rechtspersönlichen Sub-
jekts der religiösen Betätigung nicht die Rede war, das kirchliche Leben
sich vielmehr lediglich um Einzelgemeinden und Lehrer der Religion grup-
pierte, die unter einer lockeren von rein staatlichen Gesichtspunkten aus-
gehenden Staatsaufsicht standen. Gegenstand breiterer Darstellung wird
dann die erste Betätigung eines einheitlichen Kirchenregiments
d. b. einer auf spezifische Förderung der kirchlichen Einrichtungen gerich-
teten Zentraltätigkeit, die Hebung des geistlichen Standes, die Beseitigung
der damals herrschenden, jedes gemeinsame kirchliche Bewusstsein aus-
schliessenden Willkür in der äusseren kirchlichen Betätigung. Wir sehen
ein Staatskirchentum wieder aufgerichtet, in dem der Staat der Predigt des
Evangeliums nicht nur Raum lässt, sondern die Fürsorge dafür als seine
eigenste Aufgabe ansieht. In eingehender Weise werden weiter die Or-
ganisationsveränderungen der Jahre 1808—1815 besonders in Hinsicht auf
die Wirkung besprochen, die sie für den Zusammenschluss des lutherischen
und reformierten Kirchenwesens hatten. Der letzte Teil des Buches be-
bandelt dann die Zeit von 1815-1817: die Versuche die Liturgie zu ver-
einheitlichen, die zur Union führten, womit dann die Vorbedingung für die
Bildung einer einheitlichen evangelischen Landeskirche gegeben war, sowie
die ersten Bestrebungen, für die kirchlichen Einrichtungen selbständige
kirchliche Organisationen zu schaffen ; wir sehen, wie der Standpunkt der
Regierung gegenüber den auf Bildung einer sich selbst regierenden Kirche
gerichteten Bestrebungen der war, dass für die Leitung des „Inneren und
Geistigen* d. h. dessen, „was die Religion und den Kultus selbst betreffe“,
wohl besondere synodale Organe zu schaffen seien, alle äusseren Rechte der
Kirche und der Schutz derselben aber in der Hand des Staates bleiben
müssten.
Förster stützt seine Darstellung überall auf reiches Aktenmaterial, wel-
ches ihm von den Zentralbehörden in Berlin zur Verfügung gestellt ist.
Er bringt in den Beilagen (S. 287—428) wichtige Stücke davon zum Ab-
druck. Besonderen Wert legt er auch auf die Wiedergabe der in der zeit-
genössischen Literatur zur Geltung kommenden Stimmen. So darf seine
Untersuchung als eine grundlegende Arbeit gelten, auf der weiter gebaut
werden kann, womit nicht gesagt sein soll, dass einzelne Ausführungen und
Ergebnisse nicht doch noch zu kritischerer Betrachtung aufforderten. Die
Arbeit muss deshalb nicht weniger das Interesse auch der juristischen Ar-
beiter am Kirchen- und Staatsrecht in Anspruch nehmen, weil das Schwer-
gewicht auf der Darstellung der innerkirchlichen Massnahmen liegt, denn