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sein, nach welcher dem Reiche gegenüber den Einzelstaaten das
Mittel der „bürgerlichen“ Exekution zu Gebote steht, allerdings
anter Beibehaltung des früher allein bekannten Mittels’ der
militärischen Exekution. Zwar übt auch die- „bürgerliche“ Exe-
kution einen Zwang aus, derselbe ist aber nicht ein solcher rein
physicher wie derjenige der militärischen Exekution, ja er lässt
sich, hinsichtlich seines Prinzipes wenigstens, als ein psychischer
charakterisieren. Uebrigens berührt es nur die Tatfrage, nicht
aber die Rechtsfrage, wenn man einwenden wollte, dass ein
Staat gegenüber der über ihn verhängten „bürgerlichen* Exe-
kution doch stets zu den Waffen greifen würde, sobald er dazu
in der Lage ist, und dass dann doch die militärische Exekution
nötig würde; jedenfalls handelt das Reich mehr im Sinne einer
fortgeschrittenen Ethik, mehr im Sinne .der „internationalen
Konvenienz*, wenn es stets zunächst die bürgerliche Exekution
anwendet.
Zum Zweck der im gegebenen Fall nötig werdenden Hand-
habung und Verwirklichung des im ersten Satz dargebotenen
materiellen Rechtes gibt sodann der Artikel 19 in seinem zweiten
Satz „diese Exekution ist vom Bundesrate zu beschliessen und
vom Kaiser zu vollstrecken* zwei prozessrechtliche Normen.
Zunächst bestimmt er als Entscheidungsorgan den Bundes-
rat: „diese Exekution ist vom Bundesrate zu beschliessen.*
Diese Bestimmung des Entscheidungsorganes ist die einzige,
welche die Verfassung bezüglich des Entscheidungsverfahrens
als des ersten Teiles des Prozesses an dieser Stelle gibt: So
prinzipal und so inhaltreich nun diese Bestimmung ist, so viele
Rechtssätze sich aus ihr für das Entscheidungsverfahren ableiten
lassen, so bleiben doch noch Rechtsfragen :des Entscheidungs-
verfahrens :übrig, die sich nicht aus Art. 19 beantworten lassen,
und zu deren Beantwortung infolgedessen anderweitige Rechts-
sätze der Verfassung oder gar allgeıneine Rechtsregeln heran-
zuziehen sind. Dies ist gleich der Fall bei der naturgemäss zu-