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seiner eigenen Kompetenz“ (HAENEL, Studien I, S. 240 zitiert
bei LABAND, a. a. 0. S. 93 A. 1) seitens des Reichs erleidet
jedenfalls durch die Bestimmung des zweiten Absatzes des A.78
der Reichs-Verfassung eine rechtliche Schranke, indem
sich die Reichsgewalt über die Sonder- oder Indi-
vidualrechte der Einzelstaaten nicht hinweg-
setzen kann.
LABAND freilich setzt sich über diese Schranke hinweg, in-
dem er sie (a. a. O. S. 93) als „eine für die Beurteilung des
Ganzen unerhebliche“ bezeichnet, also sie sozusagen als quantite
negligeable behandelt.
Aber das geht nicht an; denn LABAND selbst betont ge-
legentlich der Beantwortung der Frage, ob das Reich selb-
ständige Rechte gegenüber den Einzelstaaten habe, daß „nicht
deren Umfang nnd Wichtigkeit entscheidend sei“ (a. a. O. S.90),
sondern die Tatsache ihres Bestandes”. So ist es auch hier:
Findet die Reichsgewalt an den Individualrechten der Einzel-
staaten eine rechtliche Schranke, die sie nicht zu brechen vermag,
ein rechtliches Halt!, über das sie sich nicht hinwegsetzen kann,
dann ıst ıhre Souveränität im Sinne LABANDs und HAENELs, näm-
lich ihre rechtliche Omnipotenz (gegenüber den Einzelstaaten)
verneint; denn wie HAENEL°” richtig bemerkt, kann es dem
„souveränen“ ‘” Staate gegenüber eine Unverletzlichkeit subjek-
tiver Rechte überhaupt nicht geben.
Aber auch in anderer Richtung zeigt sich die Unbhaltbarkeit
der genannten Theorie, welche die Selbstbestimmung der (mate-
riellen) Kompetenz als das eigentliche und wesentliche Kriterium
der Souveränität bezeichnet; sie versagt insbesondere angesichts
des — bei JELLINER a. a. 0. S. 452 angezogenen — Falles, daß
38 is ist übrigens nur politische Zufälligkeit, nicht rechtliche Notwen-
digkeit, daß die Sonderrechte der Gliedstaaten im Deutschen Bundesstaate
nur unbedeutende sind; es könnte ebenso leicht anders sein.
Staatsrecht I, S. 817 fl.
* Im Sinne LABANDs und HAFNELs.