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ziehung zu dem natürlichen Substrat jedes Staats-
gebildes, Land und Leuten, wie jene°®; diese unmittel-
bare Herrschaft ergreift jedoch gleich jener der Gliedstaaten die
Untertanen nicht in allen, sondern nur in einzelnen Beziehungen;
d. h. die materielle Zuständigkeit der Staatshoheit des Reiches
ist gleich der der Gliedstaaten eine beschränkte, additionelle; da-
durch unterscheidet sie sich — spezifisch und bestimmt — von
der Staatsgewalt des Einheitsstaates, die eine materiell allum fas-
sende ist.
Wir wiederholen also: Wie durch die Teilung des räumlichen
Anwendungsfeldes der Souveränität (= höchste Gewalt, Herr-
schergewalt) die Staaten als solche entstehen und unterschieden
werden, so entsteht durch die Teilung des sachlichen Anwen-
dungsgebietes der Souveränität, d. ı. durch die Differenzierung
der den Staatszwecken korrespondierenden materiellen Hoheits-
rechte und ihre Verteilung unter die mehreren — innerhalb eines
Gesamtstaatsgebiets historisch gegebenen — Herrschaftssubjekte
der zusammengesetzte Staat. Der Bundesstaat aber ist diejenige
Unterart des zusammengesetzten Staates, die durch die Organ-
schaft der Gliedstaaten bei Ausübung der gesamtstaatlichen Ho-
heitsrechte gekennzeichnet wird ®®.
65 Vgl. oben.
5° Die Bezeichnung des „Deutschen Reichs“ als Bundesstaat ist übri-
gens a potiori zu verstehen; hinsichtlich Elsaß-Lothringens hat eine Tei-
lung der Souveränität in ihrer materiellen Extensität nicht stattgefunden ;
vielmehr steht die sachlich ungeteilte S. in E.-L. deın Reich, also einem
einzigen Herrschaftssubjekte zu, wenn dieses sich auch zu ihrer Ausübung
verschiedener Organe bedient, insbes. auch eines „bodenständigen * Parla-
ments zur Ausübung der Landesgesetzgebung, d. h. der lokalen Gesetz-
gebung für E.-L., was politisch sehr zweckmäßig war, in der Theorie aber
den Irrtum gefördert hat, als ob E.-L. ein Staat sei; vgl. hiezu die treffen-
den Ausführungen LAaBANDs II, S. 134 ff.